Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Zeitgenössische Messe reißt mit
Jugendchor, Junger Chor und Musiker begeistern in St. Columban mit Vitalität und Innigkeit
FRIEDRICHSHAFEN – Zu einem außergewöhnlichen Chor-Erlebnis hat die Columbangemeinde am Samstag und Sonntag eingeladen. Zwei zeitgenössische Messen hat Kantorin Marita Hasenmüller mit ihren Chören einstudiert: Jugendchor und Junger Chor wirkten zusammen in der 1991 vollendeten „Missa Festiva“des US-amerikanischen Komponisten John Leavitt, danach elektrisierte der Junge Chor zusammen mit einer Band mit Bobbi Fischers 2016 uraufgeführter „Missa Latina“, beide Male saß Bobbi Fischer am Piano. Beste Voraussetzungen für den von Dekan Herbinger gewünschten „schönen und besonderen Abend“.
Festlich, würdevoll und sehr melodiös war die allein vom Piano begleitete „Missa Festiva“. Sehr hoch führten die Soprane ins stille Kyrie ein, gefolgt von den Männerstimmen. Rhythmisch bewegt und freudig war das Gloria, immer wieder schwang sich der Gesang zwischen Frauen- und Männerstimmen leicht und fröhlich empor. Gregorianischem Gesang war das schlichte Credo im Wechselspiel von Männerund Frauenstimmen nachempfunden, wobei jeweils die anderen summend untermalten. Froh bewegt war das durch die Stimmen wandernde Sanctus – mit vollem Körpereinsatz tanzte Marita Hasenmüller am Pult im Rhythmus mit, übertrug ihre Energie auf die konzentriert folgenden Sänger. Sanft formte sie zuletzt das leise verhauchende „Dona nobis pacem, Amen“.
Argentinische Tangorhythmen, Karibische Sequenzen und Latin Jazz verbinden sich in Bobbi Fischers vitaler „Missa Latina“mit zeitgenössischem Chorgesang, ein temperamentvoller Stilmix, der trägt, zumal er die lateinamerikanischen Rhythmen mit verinnerlichten Passagen verbindet. Ganz bewusst sind die Elemente eingesetzt – ob der BoleroRhythmus im Benedictus oder die Melancholie des Tango im Agnus Dei –, sie treten in Dialog oder verschmelzen.
Voller Energie und Leidenschaft
Spannend ist, wie Fischer immer wieder schlicht unisono a cappella einsetzt und dann kontrastiert mit den hier bestens besetzten Musikern: Neben dem Komponisten Bobbi Fischer am Piano spielen Gregor Hübner an der Violine, der beispielsweise im Agnus Dei ein betörendes Solo einbringt, Harald Fuchsloch an den Drums und Christian Baum an den Congas, Heiner Merk am Bass und Nikola Milo am Bandoneon, dem typischen Instrument des argentinischen Tangos, das auch hier seine ganz besondere Note beiträgt.
Voller Energie sprüht das Gloria, allen ist die Freude am leidenschaftlichen Amen anzusehen. Ein Unisono-Gebet steht am Anfang des Credo, das sich ehrfurchtsvoll den Glaubenssätzen nähert, verhalten die Passion und umso heller die Auferstehung beschreibt. Ekstatisch treiben Chöre und Musiker das Sanctus voran, ehe im innigen Benedictus die Sopransolistin Alexa Vogel sich vogelleicht über den Chor erhebt.
A cappella setzt zuletzt das „Dona nobis pacem“ein, in das mit Sturmgebraus das Schlagzeug einbricht – immer dringender wird die Bitte des Chores, wird dynamisch emporgetrieben, in großer Steigerung folgt das Amen – dann setzt begeisterter Applaus ein.
Eine schöne Zäsur zwischen den Messen bildeten drei Solostücke für Bandoneon. Nikola Milo erzählte darin von Träumen, sang ein Liebeslied und spielte zuletzt mit „Che Bandoneon“Anibal Troillos vielfarbige Hommage ans Instrument.