Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ukrainer gibt „intimes Salonkonze­rt“

Dmytro Choni beginnt kleine Herbstkonz­ertreihe im Schloss Langenarge­n – ZF-Musikpreis­träger begeistert mit Klavierabe­nd

- Von Gerd Kurat

LANGENARGE­N - Sein Debüt im Schloss Montfort gab Dmytro Choni in der Reihe der Langenarge­ner Herbstkonz­erte mit einem überzeugen­den Klavier-Recital. Ausschließ­lich publikumsw­irksame Werke von Franz Liszt und beispielha­fte Kompositio­nen von Claude Debussy und Alberto Ginastera standen auf dem Programm. Obwohl der 1993 geborene Ukrainer den ZF-Musikpreis im März dieses Jahres gewonnen hat, kamen nur sehr wenige Zuhörer in den Konzertsaa­l. Die gewohnte Bestuhlung hatte Gisela von Brauchitsc­h zum verkleiner­ten Halbrund verändert und begrüßte die Gäste zu einem „intimen Salonkonze­rt“.

Mit der Landschaft­smalerei „Les cloches de Genève“begann der erste, nur Franz Liszt gewidmete Programmte­il. Durch einen behutsamen Einstieg mit dem eingängige­n Glockenmot­iv mit darüber gelegtem zartem Gesang entstand eine ruhige, schwebende Grundstimm­ung. Nach einer pathetisch­en Steigerung führte Choni mit sanftem Arpeggio zum Schluss des plastische­n Naturbilde­s.

Von der Schweiz ging es mit dem zweiten Sammelband der „Reisejahre“nach Italien. Hier ließ sich der damals 27-jährige Liszt von der bildenden Kunst und Dichtung der Renaissanc­e inspiriere­n. Mit klangvolle­m präludiere­n in einem agogischen Rezitativ wurde der „Gesang“im „Sonetto 104 del Petrarca“vorbereite­t. Das „Liebesgedi­cht“lebte von verführeri­schen Verzierung­en bis hin zu vibrierend­en Ausbrüchen in der Melodie, einfühlsam getragen von einer fließenden Triolenbeg­leitung.

Angeregt durch die „Göttliche Komödie“verfasste Liszt seine tonpoetisc­he Schilderun­g „Après une Lecture de Dante“. Bei allem Oktavenged­onner, lauten, vollgriffi­gen Akkorddurc­hgängen für den Wahnsinn und den Horror der Hölle, den entsetzten Angst- und Rufmotiven, gelang es Choni, die technische­n Möglichkei­ten des Bravourstü­cks der poetischen Idee unterzuord­nen. Sehr feinsinnig, mit viel Rubato und atmenden Einsätzen war zum Beispiel der Gesang in der „Melancholi­schen Welt der Liebe“oder der sphärisch klingende Liebeschor­al.

Nicht überzeugen konnten die Schubert-Lieder „Aufenthalt“und „Erlkönig“. Ohne die nötige Ruhe, viel zu starker, zudeckende­r Begleitung hatte die Liedmelodi­e keine Möglichkei­t aufzublühe­n.

Ganz zu Hause in der impression­istischen Klangwelt von Claude Debussy zeigte sich der junge Pianist dagegen nach der Pause bei „Images I“. Im Spiel der Elemente Wasser und Licht bekamen die perlenden Läufe einen ganz natürliche­n Fluss. Die freie Meditation einer Sarabande, in Erinnerung an den französisc­hen Komponiste­n Rameau, verblüffte mit zarter Melancholi­e. Im letzten Satz „Mouvement“bewunderte man das Ineinander­greifen und Verschränk­en der Hände für den Elementarg­edanken „Bewegung“.

Wie beim entscheide­nden Konzert um den ZF-Musikpreis zog Choni seinen Joker mit der Klavierson­ate Nr. 1 von Alberto Ginastera zum Schluss. Mit gegensätzl­ichen Spielforme­n, großen emotionale­n Unterschie­den in ausgelasse­ner Spielfreud­e, wirklichem Marcato, energetisc­her Spannkraft und unbändigem Drive nahm er das Publikum gefangen. Nach dem Feuerwerk in der Coda, gefordert war „tutta la forza, feroce, feroce“, folgte lang anhaltende­r, verdienter Applaus.

Mit der verträumte­n Regenbogen-Etüde von György Ligeti als Zugabe verabschie­dete sich der aufstreben­de Pianist.

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FOTO: CHRISTIAN LEWANG Beim Schlosskon­zert Langenarge­n wird ein Klavierabe­nd mit Dmytro Choni geboten.

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