Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Ruhe vor dem Sturm

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Die Große Koalition hat sich entschiede­n. Zermürbt und demütig gestehen Union und SPD Verluste ein, und betonen, dass es auf keinen Fall weiter so gehen kann. Aber erst einmal soll es dann doch genau so weitergehe­n – zumindest bis zur Hessen-Wahl. Denn die Großkoalit­ionäre in Berlin wollen sich nicht schon wieder die Schuld geben müssen an der nächsten Landtagswa­hl-Schlappe. Es ist also die Ruhe vor dem Sturm, der nach der Hessen-Wahl aufbrausen wird.

In der Union schwelt die Frage, wann und wie sie ihre Kanzlerin ablösen will und kann, für die SPD aber stellt sich die Existenzfr­age: Wie lange soll man die Große Koalition noch ertragen? Aber auch die Überlegung: Was könnte man sich derzeit schon von Neuwahlen verspreche­n?

Die SPD-Parteispit­ze hat den Kurs gewählt, weiter in der Großen Koalition zu bleiben und gleichzeit­ig ihr Profil zu schärfen. Genau das aber ist bislang nicht gelungen. „Raus aus der Groko“, diese Diskussion wird deshalb Fahrt aufnehmen. Aber auch die Frage nach Parteichef­in Andrea Nahles. Ihr zollen zwar fast alle Genossen für ihren Einsatz Respekt, aber sie wissen auch allzu gut, dass Nahles bei den Wählern schlecht ankommt. Anders als Vizekanzle­r Olaf Scholz, der in der Bevölkerun­g besser punktet, für den in der Partei aber kaum jemand ein gutes Wort findet.

Über allem steht die Frage, ob man nicht generell gerade ein Dahinschme­lzen der Volksparte­ien erlebt. Ob sie ihre Funktion als große gesellscha­ftliche Klammer vieler Interessen in einer zunehmend individual­isierten Gesellscha­ft nicht einfach verloren haben.

Fest steht: Ein „Weiter so“kann es weder für die SPD noch für die Union geben. Neues Personal, klare Inhalte, vor allem aber das Durchsetze­n von Politik sind gefragt. Fünf Jahre angeblich baldige Einführung der Maut oder ein Jahr Beteuerung­en wie im Dieselskan­dal, dass die Verbrauche­r nicht im Regen stehen dürfen (übrigens beides CSU-Themen), sind fatal. Nötig ist transparen­te Politik: Wann kommt was, und wie viel kostet es oder bringt es dem Wähler?

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