Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Amtstierarzt freigesprochen
Gericht sieht versuchte Strafvereitelung im Fall des Schweineskandals unbegründet
ULM/MERKLINGEN - Mit einem Freispruch ist am Montag das Verfahren gegen einen Veterinär des Landratsamtes im Alb-Donau-Kreis zu Ende gegangen. Ihm wurde im Fall der im Oktober 2016 durch die Tierschutzorganisation „Soko Tierschutz“aufgedeckten Missstände in einem Schweinemastbetrieb in Merklingen (Alb-Donau-Kreis) versuchte Strafvereitelung vorgeworfen. Er soll laut Anklage der Staatsanwaltschaft nach einer Kontrolle am 6. Oktober 2016 die wahren Zustände im Stall der Polizei verheimlicht haben.
Nach mehr als zwölf Stunden Beweisführung an drei Verhandlungstagen vor dem Amtsgericht Ulm steht für Richter Tobias Rundel aber fest: Die Vorwürfe gegen den Amtstierarzt seien „unbegründet“, sagte er in seiner Urteilsbegründung dieses „Bagatellverfahrens“. Das Gericht habe „relevante Zweifel“am Strafbefehl, es bliebe ihm nichts anderes übrig, als den Angeklagten freizusprechen. Der Amtstierarzt könne nicht zum „Sündenbock“der Personalnot gemacht werden, die seinerzeit im Veterinäramt in Ulm herrschte.
Beim Angeklagten ist laut Richter Rundel kein Motiv zu erkennen. Im Raum stand, der Veterinär hätte den betreffenden Landwirt gekannt, weil dieser ebenfalls am Landratsamt, jedoch in einem anderen Ressort beschäftigt war. Dafür gibt es aber auch nach der Vernehmung von insgesamt sechs Zeugen genauso wenig Beweise wie für die Theorie der Staatsanwaltschaft, wonach der Angeklagte mit seiner mutmaßlichen Täuschung der Polizei versucht haben soll, seine Fehler bei der Kontrolle zu vertuschen.
Für Verteidiger Ralph Walker wird diese Theorie schon allein dadurch entkräftet, dass die tatsächlichen Zustände im Stall zum Zeitpunkt der Kontrolle seines Mandanten unklar sind. Zwar gibt es Bildund Videoaufnahmen vom Stallinneren, die die „Soko Tierschutz“in der Nacht vom 29. September 2016 gemacht hatte. Bis zur betreffenden Kontrolle wurden aber nachweislich tote Tiere beseitigt. Zudem ist es möglich, dass der Landwirt stark erkrankte Schweine in der Zwischenzeit in einen anderen, den Behörden sowie dem Veterinär unbekannten Stall untergebracht hat.
Zeitdruck und Personalnot
Hinzu kommt, dass die durch das Agrarministerium „schnellstmöglich“eingeforderte Kontrolle, bei der zwar mehrere verletzte Schweine, aber keine tierschutzrechtlichen Verstöße festgestellt wurden, unter besonderen Bedingungen stattgefunden hat. TV-Team und Tierschützer vor Ort, Zeitdruck und Personalnot: Weil kein anderer Amtstierarzt am besagten Tag zur Verfügung stand, führte der jetzt freigesprochene Veterinär die Kontrolle alleine und in knapp 45 Minuten durch – und nicht wie üblich mindestens zu zweit und vier Stunden lang. Laut Richter Rundel habe der Veterinär deshalb nicht davon ausgehen können, dass durch eine angebliche Beschönigung der Kontrollergebnisse der Fall erledigt ist. Bereits zwei Werktage später erfolgte eine erneute Kontrolle des Mastbetriebes durch das Veterinäramt und einer „Armada von Kontrolleuren“.
Die rechtliche Aufarbeitung des Schweineskandals ist mit diesem Freispruch auch noch nicht erledigt. Ein Verfahren gegen den 54-jährigen Landwirt wird es zwar nicht geben. Er wurde laut einem Attest der Uni Ulm für verhandlungsunfähig erklärt. Für die ebenfalls mit angeklagte Ehefrau und seine beiden Söhne gibt es noch keinen Termin für die Verhandlung. Das zuständige Referat am Schöffengericht sei derzeit nicht besetzt, erklärt Michael Klauser, Sprecher des Amtsgerichts Ulm.