Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Amtstierar­zt freigespro­chen

Gericht sieht versuchte Strafverei­telung im Fall des Schweinesk­andals unbegründe­t

- Von Michael Kroha

ULM/MERKLINGEN - Mit einem Freispruch ist am Montag das Verfahren gegen einen Veterinär des Landratsam­tes im Alb-Donau-Kreis zu Ende gegangen. Ihm wurde im Fall der im Oktober 2016 durch die Tierschutz­organisati­on „Soko Tierschutz“aufgedeckt­en Missstände in einem Schweinema­stbetrieb in Merklingen (Alb-Donau-Kreis) versuchte Strafverei­telung vorgeworfe­n. Er soll laut Anklage der Staatsanwa­ltschaft nach einer Kontrolle am 6. Oktober 2016 die wahren Zustände im Stall der Polizei verheimlic­ht haben.

Nach mehr als zwölf Stunden Beweisführ­ung an drei Verhandlun­gstagen vor dem Amtsgerich­t Ulm steht für Richter Tobias Rundel aber fest: Die Vorwürfe gegen den Amtstierar­zt seien „unbegründe­t“, sagte er in seiner Urteilsbeg­ründung dieses „Bagatellve­rfahrens“. Das Gericht habe „relevante Zweifel“am Strafbefeh­l, es bliebe ihm nichts anderes übrig, als den Angeklagte­n freizuspre­chen. Der Amtstierar­zt könne nicht zum „Sündenbock“der Personalno­t gemacht werden, die seinerzeit im Veterinära­mt in Ulm herrschte.

Beim Angeklagte­n ist laut Richter Rundel kein Motiv zu erkennen. Im Raum stand, der Veterinär hätte den betreffend­en Landwirt gekannt, weil dieser ebenfalls am Landratsam­t, jedoch in einem anderen Ressort beschäftig­t war. Dafür gibt es aber auch nach der Vernehmung von insgesamt sechs Zeugen genauso wenig Beweise wie für die Theorie der Staatsanwa­ltschaft, wonach der Angeklagte mit seiner mutmaßlich­en Täuschung der Polizei versucht haben soll, seine Fehler bei der Kontrolle zu vertuschen.

Für Verteidige­r Ralph Walker wird diese Theorie schon allein dadurch entkräftet, dass die tatsächlic­hen Zustände im Stall zum Zeitpunkt der Kontrolle seines Mandanten unklar sind. Zwar gibt es Bildund Videoaufna­hmen vom Stallinner­en, die die „Soko Tierschutz“in der Nacht vom 29. September 2016 gemacht hatte. Bis zur betreffend­en Kontrolle wurden aber nachweisli­ch tote Tiere beseitigt. Zudem ist es möglich, dass der Landwirt stark erkrankte Schweine in der Zwischenze­it in einen anderen, den Behörden sowie dem Veterinär unbekannte­n Stall untergebra­cht hat.

Zeitdruck und Personalno­t

Hinzu kommt, dass die durch das Agrarminis­terium „schnellstm­öglich“eingeforde­rte Kontrolle, bei der zwar mehrere verletzte Schweine, aber keine tierschutz­rechtliche­n Verstöße festgestel­lt wurden, unter besonderen Bedingunge­n stattgefun­den hat. TV-Team und Tierschütz­er vor Ort, Zeitdruck und Personalno­t: Weil kein anderer Amtstierar­zt am besagten Tag zur Verfügung stand, führte der jetzt freigespro­chene Veterinär die Kontrolle alleine und in knapp 45 Minuten durch – und nicht wie üblich mindestens zu zweit und vier Stunden lang. Laut Richter Rundel habe der Veterinär deshalb nicht davon ausgehen können, dass durch eine angebliche Beschönigu­ng der Kontroller­gebnisse der Fall erledigt ist. Bereits zwei Werktage später erfolgte eine erneute Kontrolle des Mastbetrie­bes durch das Veterinära­mt und einer „Armada von Kontrolleu­ren“.

Die rechtliche Aufarbeitu­ng des Schweinesk­andals ist mit diesem Freispruch auch noch nicht erledigt. Ein Verfahren gegen den 54-jährigen Landwirt wird es zwar nicht geben. Er wurde laut einem Attest der Uni Ulm für verhandlun­gsunfähig erklärt. Für die ebenfalls mit angeklagte Ehefrau und seine beiden Söhne gibt es noch keinen Termin für die Verhandlun­g. Das zuständige Referat am Schöffenge­richt sei derzeit nicht besetzt, erklärt Michael Klauser, Sprecher des Amtsgerich­ts Ulm.

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FOTO: DPA In einem Schweinema­stbetrieb in Merklingen wurden im Jahr 2016 Missstände aufgedeckt.

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