Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein Plädoyer für den Stummfilm
Das Fernsehen kann einem verleiden. Vor allem die deutschen Filme. Sie sind ja nicht alle schlecht, aber ungeheuer vernuschelt. Die Gründe dafür sind einsichtig: Die Mikrofone sollen bei den Dreharbeiten nicht mitgefilmt werden und hängen deshalb wohl in fünf Metern Höhe. Da bleibt von der Artikulation nicht mehr viel übrig, wenn die Schauspieler den Mund aufmachen. Es wäre hilfreich, Fernsehrollen nur noch an Theaterschauspieler zu vergeben. Sie haben gelernt, so laut und so deutlich zu sprechen, dass man sie auch in den hinteren Sitzreihen noch versteht; also wohl auch bei ARD und ZDF, wo man ja in der ersten Reihe sitzt. Freilich könnte man auch jeden deutschen Film nachsynchronisieren. Das wäre teuer, aber sinnvoll. Denn es ist absurd, dass ein deutscher Fernsehkrimi mehr nach Kauderwelsch klingt als ein synchronisierter US-Streifen, bei dem die deutschen Sprecher im Studio keine zehn Zentimeter vom Mikrofon entfernt saßen. Alles müssen die deutschen Produktionsfirmen den Amis aber auch nicht nachmachen. Etwa die Unsitte, jeden in die Handlung eingestreuten Musikfetzen doppelt so laut in den Film zu schneiden wie die Dialoge. Aber leider ist das schon die Regel. Deshalb fällt einem besonders bei deutschen Filmen der Putz auf den Kopf – denn um das Genuschel zu verstehen, dreht man den Ton schon mal lauter als gewöhnlich. Wenn dann die noch viel lautere Musik einsetzt, wackeln die Wände. Selbsthilfe könnte so aussehen: Schalten wir den Sender stumm und aktivieren die Untertitelung für Hörbehinderte. Dann ist es fast, als würden wir den Abend nicht vor dem Fernseher vergeuden, sondern wieder mal ein Buch lesen.