Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wenn Heimat auf tausendfache Weise interpretiert wird
Tamala-Center Konstanz zeigt Abschlussarbeit im Atrium – Episodenstück findet beim Publikum großen Anklang
FRIEDRICHSHAFEN - Die Abschlussarbeit der Darsteller des TamalaCenters in den Bereichen Clown und komisches Theater war am Samstagabend im Theater Atrium zu sehen. Das Gastspiel der Clownschule aus Konstanz hatte den Titel „Heimat – Wo, wenn nicht hier?“.
Mit dem Thema Heimat hat sich das Ensemble ein sehr vielfältiges Motiv gesucht, da es heute so schwer wie nie zuvor ist, diesen Begriff zu fassen. Die örtliche Bindung an das eigene Herkunftsgebiet ist nicht mehr so gegeben wie früher, und das Wort selbst wird von den einen völlig verkitscht und von den anderen zum politischen Kampfbegriff gemacht. Dieses unklare Feld betreten nun zehn höchst unterschiedliche Personen mit ebenso unterschiedlichen Heimatauffassungen.
Den Ausgangspunkt für dieses Durcheinander stellt eine Haltestelle irgendwo im Nirgendwo dar. Bald wird deutlich, dass hier ein wohl zufällig zusammengesetzter Haufen Personen in der Wüste gelandet ist.
Sogleich kommt es zu den ersten Konflikten. Wem gehört welcher Koffer, wer darf sich wohin setzen? Vom ersten Moment an ist auf der Bühne sehr viel los. Dabei wird das breite Spektrum der Ausbildung deutlich. In welcher Spielweise sich die Darsteller bei ihrer Abschlussarbeit bewegten, blieb ihre eigene Wahl. Daher bot man dem Zuschauer eine sehr hohe Bandbreite. Auf der einen Seite eine ganz und gar körperbetonte Spielweise, zwei der Darsteller sagten während des ganzen Stückes nicht ein Wort. Am anderen Ende der Messlatte lag ein Wortwitztheater, das sich über politische Themen bis zur klassischen Verwechslungskomödie erstreckte.
Diese höchst unterschiedlichen Spielweisen bildeten ohne jede Schwierigkeit ein harmonisches Gesamtbild. Die Figuren waren nicht nur in ihren Ansichten über die Heimat ganz und gar verschieden, sondern auch äußerlich von Kopf bis Fuß. Da ging es von der Gartenzwergin mit geknickter Zipfelmütze über die erzkonservative, politisch rechte Spießerin im Karorock und die Punkerin mit Trachtenhose unter der Lederjacke bis zum Konzertdirigenten mit Frack, Zylinder und kurzen Hosen. Selbstverständlich fanden sich diese weit auseinander liegenden Wesensarten auch in der jeweiligen Spielweise wieder.
So trafen meist gerade die unterschiedlichsten Figuren in Zweierszenen aufeinander. Die alte Oma, die nur ihre Ruhe im abgeschlossenen Eigenheim haben will, landet im Gespräch mit dem jung-dynamischen Bestatter, der sein Geschäft ohne jede Pietät mit vor Gier glitzernden Augen bis zur Sterbe-App vorantreibt. Und die stets lautstarke Opern-Diva versucht, aus dem komplett wortlosen Dirigenten den ihr so fehlenden Applaus herauszuholen.
Nur einmal treffen beinah Gleich und Gleich zusammen. Der stumme Butler, der von Anfang bis Ende jedem mit entstauben, Schweiß abtupfen oder Koffer tragen behilflich ist, begegnet dem im Geiste äußerst schlichten, aber mit Körper und den wenigen Worten dafür umso ausdrucksstärkeren Tölpel, der ihm von seiner geliebten Heidi erzählt.
Das Schauspiel als Ganzes hat keinen fassbaren Handlungsstrang, es ist vielmehr eine Art Episodenspiel. Auf diese Weise konnte jeder der Tamala-Absolventen seinen eigenen Weg gehen und seinen persönlichen Stil finden und umsetzen.