Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Genug Erfahrung hat er ja
Die CSU müsse Umwelt- und Großstadtpolitik besser besetzen, sie müsse näher an die Menschen heran, sagt Parteichef Horst Seehofer. Und er lässt wenig Zweifel, dass er selbst das alles richten will, wenn man ihn lässt. Bitte, sagt er in Berlin, bitteschön, er habe doch schon dreimal von sich aus seinen Rücktritt angeboten. Nicht dass irgendjemand das denkt, was alle denken – und was denn auch richtig ist: Dass er an seinem CSU-Vorsitz und dem Innenministerium hängt wie eine Klette. Und dass es einige Bezirksfürsten der CSU brauchen wird, um ihn zumindest aus dem einen Amt, dem des CSU-Chefs, zu hieven.
Horst Seehofer steht für viele als großer Verlierer der Bayern-Wahl schon lange fest. Schließlich hat über die Hälfte der bayerischen Wähler gesagt, dass sein Dauerstreit mit Angela Merkel der CSU geschadet hat. Jetzt gesteht Seehofer seine Schuld ungefähr mit dem gleichen Nachdruck ein wie sein neuer Berater Hans-Georg Maaßen. In Stil und Ton sei durchaus Kritikwürdiges dabei gewesen, in der Sache aber habe er recht, und er werde auch in Zukunft Diskussionen führen. Diskussionen? Dass da gegenüber Angela Merkel Worte wie Unrechtsstaat gefallen sind? Schwamm drüber!
Horst Seehofer hat das Glück auf seiner Seite. Seine Partei muss sich in Bayern nicht mit den ungeliebten Grünen zusammenraufen, sondern nur mit den Freien Wählern, Fleisch vom Fleisch der CSU. Das macht es den Christsozialen leichter, schnell so weiterzumachen, als sei nichts passiert: Regierung bilden, Ruhe bewahren, diskutiert wird später. Oder, wenn die CSU es dann macht wie ihre Schwesterpartei CDU, am besten gar nicht.
Schließlich darf man den neuen alten Ministerpräsidenten Markus Söder nicht gleich beschädigen. Vielleicht wird Söder nach dem Parteivorsitz greifen. Vielleicht aber kann sich auch Seehofer halten. Bisher steht nur fest, dass er das will, wenn man ihn lässt. Getreu dem Motto: Wer seine Partei in die Krise hineinführt, kann sie auch wieder herausführen. Genug Erfahrung hat er ja.
s.lennartz@schwaebische.de