Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Froschbande“steht in München vor Gericht
Acht Rumänen müssen sich unter anderem wegen Mordes und schweren Raubes verantworten
MÜNCHEN - Österreichische Medien haben sie „Froschbande“getauft – was erst mal niedlich klingt. Dabei gingen die acht Rumänen bei ihren Raubüberfällen äußerst brutal zu Werke und töteten einen Rentner am Ammersee. Nun hat der Prozess begonnen.
Der Raum, in dem Irmgard K. ein Martyrium erdulden musste, ist keine zwei Quadratmeter groß. Er diente als Speise- und Abstellkammer in dem freistehenden Einfamilienhaus des Rentnerehepaars aus Meiling unweit des Ammersees. Hier war die schwer verletzte Irmgard K. zwei Tage lang eingesperrt, ehe ein Zeitungsbote ihr Wimmern hörte und die Polizei alarmierte. All die Zeit lag neben der 70-Jährigen die Leiche ihres Ehemanns Markus K., der in der Speisekammer gestorben war, nachdem ihn eine Räuberbande brutal verprügelt hatte. Ihre Beute: Schmuck und Bargeld im Wert von 4500 Euro.
In Österreich verurteilt
Für diese Summe töteten die acht teilweise miteinander verwandten Rumänen einen Menschen – „heimtückisch, grausam und zur Ermöglichung einer Straftat“, wie es in der Anklageschrift heißt, die am Dienstag im Landgericht München verlesen wurde. Die Staatsanwaltschaft wirft den Männern unter anderem Mord und versuchten Mord vor. Die Angeklagten wurden im Vorfeld der Verhandlung aus Gefängnissen in Österreich nach Bayern verlegt; im Nachbarland sind sie wegen diverser Raubüberfälle zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
Im Münchner Gerichtsgebäude findet der Prozessauftakt im Sitzungssaal 101 statt – dort also, wo zuletzt jahrelang gegen den NSU verhandelt wurde. Zunächst werden die Angeklagten, die zwischen 24 und 55 Jahre alt sind, nacheinander von je drei Polizisten zu ihrem Platz geführt; erst dort nimmt man ihnen die Handschellen ab. Keiner der acht zeigt dabei irgendeine Regung; allein Georgian-Vinicius G. (27) – ein kleiner, schmaler Kerl mit jungenhaftem Gesicht – beschimpft die Fotografen vor ihm halblaut auf rumänisch. Danach dauert es eine gute halbe Stunde, bis der Vorsitzende Richter Thomas Bott die Sitzordnung durchgegangen und sämtliche Personalien beisammen hat.
Alle Angeklagten stammen aus der gleichen Region in Rumänien, mehrere haben nie einen Beruf erlernt, drei von ihnen sind Brüder und haben insgesamt nicht weniger als 20 Kinder. Im Sommer 2015 hätten sich die Männer zusammengeschlossen, „um eine Vielzahl von Raubüberfällen und Einbruchsdiebstählen zu verüben“, liest die Staatsanwältin aus der Anklage vor. Unter anderem dringen sie in Österreich in Häuser von meist älteren Menschen ein und verletzen diese durch Tritte und Schläge schwer. Wegen ihrer gedrungenen Statur und weil sie meist zu mehreren und nachts zuschlagen, verpassen österreichische Medien der Gruppe den Namen „Froschbande“– eine verharmlosende Bezeichnung, die so gar nicht zu ihrem extrem brutalen Vorgehen passt.
Laut Anklageschrift reist die Bande im Spätsommer 2015 über Lindau nach Deutschland ein, wo sie in der Nacht auf den 5. September in Meiling zuschlägt, im Haus des Rentnerehepaars K. Deren Labrador schlägt gegen Mitternacht an, worauf Markus K. – er ist Mesner im Ort – das Außenlicht anschaltet und auf die Terrasse tritt. Dort fallen vier Räuber mit Holzlatten, einem Schaufelstiel und einer Eisenstange über den Rentner her, während ihre Kollegen Schmiere stehen oder in den Fluchtautos warten.
Die Männer verprügeln Markus K. derart, dass es im Gericht mehrere Sätze lang dauert, ehe die Staatsanwältin all seine Frakturen, Risse und inneren Blutungen aufgezählt hat. Die Angeklagten lässt das jedoch offenbar kalt – sie starren währenddessen ins Nichts oder schauen gelangweilt zur Decke.
Erst nach zwei Tagen befreit
Während die anderen Männer weiter auf den Mesner einprügeln, stürmt einer der Räuber ins Zimmer von Irmgard K., schlägt ihr mit der Faust ins Gesicht und fragt „Wo Geld?“– worauf sie eine Schüssel mit Schmuck aushändigt. Anschließend wirft der Mann die Rentnerin zu Boden und tritt auf sie ein, was „geeignet war“, so die Anklage, „den Tod der Irmgard K. herbeizuführen“.
Nachdem die Bande Geld und Schmuck erbeutet hat, sperrt sie die schwerverletzten Eheleute in die Abstellkammer und verriegelt die Tür mit einem Tisch. In dem winzigen Raum stirbt Markus K. vermutlich wenige Stunden später; seine Frau wird erst zwei Tage danach befreit.
Irmgard K., die das Haus in Meiling inzwischen verkauft hat, tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf – und wird als Zeugin ihren Peinigern im Gericht gegenübertreten müssen. Derzeit sind 15 Verhandlungstage angesetzt; ein Urteil soll im Dezember fallen.