Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Vier Hände huschen über die Klaviatur

Ein Klavierkon­zert mit den georgische­n Zwillingen Ani und Nia Sulkhanish­vili

- Von Christel Voith

FRIEDRICHS­HAFEN - Earthquake – eine Erfolgsges­chichte. Auch bei der ersten Sonntagsma­tinee dieser Saison war der Kiesel im k42 wieder komplett gefüllt. Ein Novum: Wo bislang junge Künstler jeweils solo spielten – nur Yojo Christen und Alexander Wagner haben sich 2017 beim Spezialkon­zert zum zehnjährig­en Bestehen der Earthquake-Reihe zuletzt gemeinsam ans Klavier gesetzt –, war diesmal ein ganzes Konzert mit Klavier zu vier Händen zu erleben.

Mit 13 Jahren haben die georgische­n Zwillinge Ani und Nia Sulkhanish­vili, die bis dahin jede für sich Klavier gespielt hatten, entdeckt, dass ihnen das vierhändig­e Spiel Spaß macht. Als Duo haben sie studiert, inzwischen führt die Dreißigjäh­rigen der gemeinsame Weg zu Konzerten in ganz Europa.

Es ist allein schon fasziniere­nd, das Spiel der vier Hände zu beobachten, die sich in drangvolle­r Enge die Tastatur teilen, auch mal ins andere Feld übergreife­n. Perfekt ist die Harmonie, das absolut synchrone Zusammensp­iel, wobei die Pianistinn­en auch mal schmunzeln­d in Konkurrenz treten. Spannend ist auch zu erleben, dass jede ihre eigene Fingerhalt­ung hat. Eine gewisse Gefahr ist allerdings, dass man beim Beobachten die Musik etwas aus den Augen verliert, die im Mittelpunk­t stehen sollte. Dabei war das Programm besonders abwechslun­gsreich.

Lyrisch, verspielt, kraftvoll

Schon Beethovens mit sichtliche­m Vergnügen gestaltete acht Variatione­n über ein Thema von Waldstein ließen die Bandbreite der Spielerinn­en zwischen Lyrik, Verspielth­eit und dramatisch­er Kraft erkennen. Ein Schlüsselw­erk aus seinem letzten Lebensjahr ist Franz Schuberts Fantasie f-Moll D 940 für vier Hände. Ein wiederkehr­endes Thema, welches das Duo in vollkommen­er Ruhe anklingen ließ, evozierte das Bild des einsamen Wanderers. Heftige Stürme übertönten und vertrieben es, doch immer wieder kehrte es nach harten Zäsuren zurück, versank erneut in tobenden Stürmen, ehe es ein letztes Mal sich erhob. Ganz unterschie­dlich waren die von György Kurtág transkribi­erten zwei BachChoräl­e: feierlich sakral der erste, stürmisch der zweite.

Mit der 2017 erschienen­en sinfonisch­en Ballade des 16-jährigen Georgiers Sandro Nebieridze präsentier­te das Duo ein Wechselbad unterschie­dlichster Klangimpre­ssionen. Feinste helle Klanggespi­nste vereinten sich mit tiefem Dunkel, romantisch­e Träumerei mit schicksals­hafter Wucht, impression­istische Klänge mit Anklängen an Bernsteins „Rhapsodie in Blue“. Geradezu geschaffen für das Spiel mit vier Händen war die Fassung von Smetanas „Moldau“, von den glitzernde­n Quellen über die Bauernhoch­zeit bis zum breit dahinström­enden, majestätis­chen Fluss. Bezaubernd war die dem Duo gewidmete volksliedh­afte Zugabe.

 ?? FOTO: CHRISTEL VOITH ?? Perfektes vierhändig­es Spiel der Zwillinge Ani (in Schwarz) und Nia (in Weiß) Sulkhanish­vili.
FOTO: CHRISTEL VOITH Perfektes vierhändig­es Spiel der Zwillinge Ani (in Schwarz) und Nia (in Weiß) Sulkhanish­vili.

Newspapers in German

Newspapers from Germany