Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein „Memory“der anderen Art
Ortsgeschichtlich interessierte Kressbronner helfen bei der Bestimmung historischer Fotografien
KRESSBRONN (big) - Historische Fotografien sind immer interessant. Welche Personen sieht man auf den Bildern, welche Gebäude? In welchem Kontext wurden sie gemacht? Schlummern hier womöglich irgendwelche „Schätze“? Fragen, die man sich auch im Kressbronner Kulturbüro stellt – angesichts eines großen Fotoarchivs, das im Laufe vieler Jahrzehnte zusammengekommen ist. Jetzt hat Martina Heise, Geschäftsführerin der Kulturgemeinschaft, erstmals ortsgeschichtlich interessierte Bürger ins „Erzählcafé“der Lände eingeladen, die ihr Wissen einbringen und bei der Bestimmung der Fotografien helfen dürfen.
Es wird in jedem Fall ein spannender Nachmittag für die zwölf Kressbronner unterschiedlicher Generationen, die den Weg in die Lände gefunden haben. August Fuchs ist mit Frau Angelika und Schwester Getrud Hagen gekommen. Schnell hat er ein Bild vom eigenen Großvater entdeckt, der von 1872 bis 1946 gelebt hat. Den Opa hat er zwar nie persönlich kennenlernen dürfen – weiß aber dennoch nette Episoden aus dessen Leben zu berichten. Als „Oberpostschaffner“habe dieser in Kriegszeiten sogar sonntags die Feldpost ausgetragen. Er habe aber zum Beispiel auch die damals nicht unüblichen „Liebespostkarten“einem jungen Mädchen zugestellt. Sogar heimlich, weil die Eltern des Mädchens darüber gar nicht erfreut waren. Die Mission war schließlich erfolgreich. „Und später wurde mein Opa sogar zu der Hochzeit eingeladen“, erzählt Gertrud Hagen.
Auch Rosmarie Martin ist fündig geworden. Sie hat im reichen Fundus ein Bild gesehen, das ihre Großmutter mit ihrer Mutter auf dem Arm zeigt und vor ihrem Elternhaus in der Betznauer Straße um das Jahr 1911 aufgenommen wurde. „Ich erinnere mich natürlich auch an die großen Birnbäume, die vor dem Haus standen“, sagt Rosmarie Martin. „Nebenan war der Gasthof Lamm, der heute Pizzeria Da Nico heißt“, weiß sie ebenfalls noch genau.
„Wir bauen auf die Hilfe von Einheimischen“, hatte Martina Heise schon bei der Begrüßung betont. „Es wäre schön, wenn wir viele aus dem Archiv stammenden Bilder benennen und katalogisieren könnten“, sagt sie und hofft darauf, dass sich ein Arbeitskreis oder lose Gruppen bilden, die sich immer wieder treffen und ein wenig Licht ins Dunkel bringen. „Viele dieser Bilder wurden ursprünglich für eine Ausstellung aufgezogen. Das ist 20 bis 30 Jahre her“, erklärt der gebürtige Gattnauer Walter Schmid, der sich seit Längerem ehrenamtlich mit dem Kressbronner Fotoarchiv beschäftigt. Außerdem seien durch Nachlässe, aus Schularchiven, auch durch die Geschichte der Partnerschaft mit Maiche insgesamt mindestens 1000 historische Aufnahmen zusammengekommen.
Wieder ein Treffer: „Hat jemand eine Lupe? Das war ein Kolonialwarengeschäft. Dort konnte man so ziemlich alles bekommen“, sagen Emma und Albert Zapf mit Blick auf ein weiteres Foto. „Und hier war eine Metzgerei mit Gaststätte. Da hab ich als Kind eingekauft“, erinnert sich Karin Stecher. Der spannende Nachmittag geht also weiter.
Wer Interesse hat, bei der Bestimmung und Dokumentation weiterer historischer Aufnahmen zu helfen, ist eingeladen, sich bei Martina Heise, Geschäftsführerin der Kulturgemeinschaft, zu melden. Kulturbüro, Nonnenbacher Weg 30, Telefon 07543 /
96 65 20, oder per E-Mail an
heise@kressbronn