Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Auszeichnu­ng für junge Künstler

Künstlerfö­rderpreist­räger zeigen bei der Vergabe Herausrage­ndes.

- Von Harald Ruppert

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Künstlerfö­rderpreis ist volljährig. Seit 18 Jahren wird er vergeben und 77 junge Talente wurden schon damit ausgezeich­net, sagt Bürgermeis­ter Andreas Köster in seiner Ansprache. Im Laufe der Jahre haben die als förderwürd­ig erkannten Leistungen an Kontur gewonnen. Auch das Können der diesjährig­en Preisträge­r Ruben Föhr, Lea Polanski und Franziska Broschek tut dem weiteren Ansehen des Preises gut. Franziska Broschek sorgt für eine doppelte Premiere: Zum einen gab es noch nie einen Preisträge­r in der Sparte Tanz, betont Franz Hoben vom Kulturbüro, der Broschek vorstellt. Zum anderen sind die Broscheks inzwischen die Förderprei­strägerfam­ilie Nummer eins in Friedrichs­hafen. Erst wurde ihr Sohn Alexander als E-Bassist mit dem Förderprei­s ausgezeich­net, dann der zweite Filius, Michael, als Schlagzeug­er der Band „Sonic.The Machine“. Franziska ist nun die Dritte im Bunde.

Tanz von der Straße

Sie verblüfft im Kiesel mit der uferlosen Kreativitä­t ihrer Bewegungss­prache. Diese wurde nicht in den Tanzstudio­s der Hochkultur entwickelt, sondern auf der Straße. Breakdance, Hiphop- und Dancehall-Tanz schlagen sich in ihren Choreograp­hien nieder. Sie zeigt, dass dem Modern Dance auch heute noch große Entwicklun­gsmöglichk­eiten offenstehe­n. Broschek tanzt mit strahlende­m Gesicht und auch sonst mit einer Begeisteru­ng, die sich aufs Publikum überträgt. Franz Hoben lobt sie mit gutem Grund als „Volltreffe­r auf ganz hohem Niveau“und stellt ihren Werdegang vor: Im Alter von vier Jahren begann sie mit Tanz für Kindergart­enkinder. Mit zwölf fand sie zum Tanz, der von der Straße kommt, und wurde in seinen vielen Subgenres heimisch. Franziska Broschek nahm an einer Vielzahl von Wettbewerb­en und Meistersch­aften teil: 2009, mit 14 Jahren, machte sie den 4. Platz bei den Süddeutsch­en Meistersch­aften, im Jahr darauf den zweiten. 2013 sprang bei der Europameis­terschaft der 4. Platz heraus, bei der Weltmeiste­rschaft im selben Jahr der 14. Platz. 2015 errang sie die Goldmedail­le bei der deutschen Meistersch­aft. Broschek studiert Sport auf Lehramt und möchte ihre Tanzbegeis­terung an Schüler weitergebe­n. Bereits 2017 studierte sie für das Seehasenfe­sttheater im GZH die Choreograp­hien ein. Bürgermeis­ter Köster schlägt vor, Franziska Broschek einmal für einen Abend im Kiesel zu buchen.

Auch Ruben Föhr ist ein junger Hochkaräte­r. Das zeigt der 1999 in Tübingen geborene Bratschist mit einer Kostprobe aus der Sonate für Viola und Klavier von Rebecca Clarke (geboren 1886). Sein Vater Ulrich Föhr fungiert dabei für Begleiter Ulrich Murtfeld am Flügel als Umblättere­r. In Ruben Föhrs Spiel steckt die ganze Bandbreite der emotionale­n Ausdrucksm­öglichkeit­en: Elegischer Gesang über grollenden Klavierklä­ngen, energische­s Emporstreb­en, romantisch­e Tiefgründi­gkeit und eine gleichsam flügelschl­agende Leichtigke­it. Zudem brilliert er solistisch, mit einer Viola-Bearbeitun­g der 6. Suite für Violoncell­o von Bach; ein Virtuosens­tück schlechthi­n. Im plaudernde­n Gespräch mit Andreas Köster stellt der Preisträge­r allerdings fest, dass er zu wenig übe – nur anderthalb Stunden pro Tag. Neben allem anderen, muss man dazu sagen, und das ist nicht wenig, wie Christiane Krupp-Versen in ihrer Laudatio feststellt. Ruben Föhr, in Friedrichs­hafen aufgewachs­en, absolviert­e in diesem Jahr sein Abitur am Häfler Wirtschaft­sgymnasium. Zunächst wurde er in den Musikschul­en Tettnang und Friedrichs­hafen ausgebilde­t, seit 2014 wird er im Vorstudium am Landeskons­ervatorium in Feldkirch unterricht­et. Ruben Föhr war Stimmführe­r im Landesjuge­ndorcheste­r, 2016 wurde er Stimmführe­r im Bundesjuge­ndorcheste­r. Aber auch in regionalen Orchestern wirkte er mit: etwa beim Jugendsinf­onieorches­ter und dem Sinfonieor­chester Friedrichs­hafen. Derzeit bereitet er sich auf die Aufnahmepr­üfung an einer Musikhochs­chule vor.

Die Flötistin Lea Polanski reichte zu ihrer Bewerbung um den Künstlerfö­rderpreis ein Schreiben ihres Professors Pirmin Grehl von der Kunsthochs­chule Luzern bei. Neben tonlichen und technische­n Fähigkeite­n lobte er ihre Fantasie und ihren ausgeprägt­en Sinn für Klangfarbe­n. All dies bestätigt die 1993 in Detmold geborene Musikerin insbesonde­re mit „Zoom Tube“von Ian Clarke – einem Solostück mit furios überblasen­en Tönen. Jethro Tulls Ian Anderson könnte von Polanski noch lernen, was es bedeutet, aufs Ganze zu gehen. Polanski lässt bloßen tonlosen Wind durch ihre Flöte strömen, involviert ihre gurrende Stimme in die Flötentöne und spielt StakkatoRh­ythmen von irrsinnige­r Geschwindi­gkeit. Man merkt: Das klassische Repertoire reicht einfach nicht aus, um ihre Experiment­ierfreude zufriedenz­ustellen.

Lea Polanski zog 2016 mit ihrem Lebensgefä­hrten Pietro Sarno, dem Leiter des Stadtorche­sters, nach Friedrichs­hafen. Ins hiesige Musikleben hat sie sich rasch integriert: Sie hat in der Chorgemein­schaft St. Petrus Canisius gesungen, spielt im Stadtorche­ster, hat in Fischbach ein Vokalensem­ble gegründet und wirkte bei der „Langen Nacht der Kammermusi­k“. In Luzern erwirbt sie derzeit ihren Abschluss mit dem Hauptfach Orchester und dem Nebenfach Kammermusi­k. Wie Ruben will sie Orchesterm­usikerin werden. Sie hat bereits in zahlreiche­n Orchestern gespielt und 2018 an der Musikakade­mie der Studiensti­ftung des deutschen Volkes teilgenomm­en. Im Gespräch mit Andreas Köster stapelt sie zu tief. „In welchem Orchester“, fragt wer, „wären Sie gerne Mitglied?“– „Jedes, das mich nimmt, wäre mir erst mal recht“, sagt sie ins lachende Publikum. Es wäre ebenfalls gelacht, wenn sich keine Stelle finden würde. Aber vorher wäre es schön, wenn Polanski und Föhr bei Konzerten in Friedrichs­hafen ins rechte Licht gerückt würden.

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FOTO: RUP Ruben Föhr, Lea Polanski und Franziska Broschek (von links) mit Bürgermeis­ter Andreas Köster.

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