Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Kulturtafel ist gegründet
Ein Dutzend Interessierte sind schon registriert – Weitere ehrenamtliche Helfer und Kartenspender gesucht
Kulturveranstalter spenden Eintrittskarten, die armen Bürgern zugute kommen.
FRIEDRICHSHAFEN - Die Friedrichshafener Kulturtafel ist angelaufen. Noch hat sie erst zwölf Gäste in ihrer Datenbank. Aber schon jetzt sind ebenso viele Einrichtungen bereit, der Kulturtafel Karten für Kulturund auch Sportveranstaltungen kostenlos abzugeben – darunter auch das Kulturbüro.
Träger der Kulturtafel ist die katholische Kirche Friedrichshafen. Der Gedanke hinter der Kulturtafel ist, Menschen am kulturellen Leben der Stadt teilhaben zu lassen, die sich das sonst nicht leisten könnten. „Wer Hartz IV bekommt, kann für eine Eintrittskarte nicht 25 Euro ausgeben“, sagt der katholische Stadtdiakon Ulrich Föhr. Er hatte die Idee zur Kulturtafel und will interessierten Häflern mit kleinem Geldbeutel Mut machen, sich bei ihr registrieren zu lassen.
Die Kulturtafel wendet sich an Bezieher von Arbeitslosengeld II oder einer kleine Rente; auch an Menschen, die Grundsicherung im Alter, aufstockende Hilfen oder Asylbewerberleistungen beziehen. Föhr und seine ehrenamtlichen Helfer wissen, dass für finanziell schlecht gestellte Senioren die Hürde besonders groß ist, Leistungen anzunehmen: „Rentner an der Armutsgrenze haben oft viel Scham“, sagt Andrea Wesener. Oft sind es Menschen, die am Kulturleben teilnahmen, als sie noch im Berufsleben standen. Durch die Kulturtafel kann ihnen das auch jetzt, mit Geldsorgen, wieder möglich sein, sofern es ihnen gelingt, ihre Hemmungen zu überwinden.
Bedürftigkeit wird überprüft
Gast der Kulturtafel kann werden, wer die von der EU definierte Armutsgrenze nicht überschreitet. „Sie liegt bei einem monatlichen Einkommen von knapp über 1000 Euro pro Person“, sagt Andreas Karl; auch er hilft bei der Kulturtafel ehrenamtlich. Ulrich Föhr überprüft, wer aufgrund seiner Bedürftigkeit in die Datenbank aufgenommen werden kann. Die Gäste der Kulturtafel geben bei der Anmeldung ihre Interessengebiete an – Musik, Kultur, Sport oder Sonstiges. Jede dieser Sparten enthält eine weitere Untergliederung. Ein Computerprogramm vergibt dann die bereitgestellten Karten entsprechend der Vorlieben der Gäste nach einem gerechten System: Wer zum Zuge kam, den stellt das Programm automatisch wieder ans Ende der Warteliste. Pro Person werden maximal zwei Karten vergeben. Ausnahmen gelten für Familien bei entsprechenden, auch für Kinder geeigneten, Angeboten.
Unterstützt wird die Kulturtafel von der Stadt Friedrichshafen, ganz konkret vom Kulturdezernat von Bürgermeister Andreas Köster. Bislang lassen zwölf Einrichtungen der Kulturtafel Karten zukommen: Städtisches Kulturbüro, Kulturhaus Caserne, Graf-Zeppelin-Haus, Buchhandlung Ravensbuch, Cineplex, VfB, Zeppelin-Museum, Schulmuseum, Philharmonischer Chor, Sinfonieorchester Friedrichshafen, Kinderuniversität und Birnauer Kantorei. Damit sind wichtige Partner mit interessanten Angeboten an Bord. Die Kulturtafel würde sich über weitere Veranstalter natürlich freuen. Sie können der Kulturtafel entweder von vornherein ein bestimmtes Kartenkontingent zur Verfügung stellen oder sich spontan melden, sobald absehbar ist, dass eine Veranstaltung nicht ausverkauft sein sollte. Wichtig ist allerdings, dass solche zugesagten Karten dann nicht wieder zurückgezogen werden.
Andreas Karl und Andrea Wesener sind nicht die einzigen ehrenamtlichen Helfer bei der Kulturtafel. Da sind auch noch Ulrike Haberkern und Gaby Lamparsky. Ihre gemeinsame Aufgabe ist es vor allem, die Gäste telefonisch über ihre Karten zu informieren und Kontakt zu den Kartenspendern zu halten. In der Regel können die Karten am Ort der Veranstaltung an der Abendkasse abgeholt werden. Wer Karten unentschuldigt verfallen lässt, den kann die Kulturtafel für einige Monate sperren. Noch ist die Arbeit von dem kleinen Team gut zu bewältigen. Aber wenn die Zahl der Gäste erst steigt, werden weitere Ehrenamtliche nötig sein, meint Gaby Lamparsky.
Ulrich Föhr freut sich, dass die Kulturtafel auch eine finanzielle Anschubfinanzierung erhalten hat. Die katholische Kirche Friedrichshafen und die Josef-Wagner-Stiftung spendeten jeweils 3000 Euro, die Sparkasse Bodensee 2500 Euro. Geld, mit dem die Homepage der Kulturtafel erstellt und das notwendige Computerprogramm gekauft werden konnte. Auch die Gestaltung des Informationshefts für potenzielle Gäste, Veranstalter und Unterstützer der Kulturtafel sowie der Druck der Plakate wollten bezahlt sein.
Nun, da die Kulturtafel auf den Weg gebracht ist, gilt es, sie bekannt zu machen. Die vor zwei Jahren in Konstanz gegründete Kulturtafel hat inzwischen 150 bis 200 Gäste in ihrer Datei. Zahlen, die auch für Friedrichshafen realistisch sind.
Die Kulturtafel befindet sich im Haus der kirchlichen Dienste (Erdgeschoss) in der Katharinenstraße 16 in Friedrichshafen. Wer Gast der Kulturtafel werden will, sie ehrenamtlich unterstützen möchte oder die Absicht hat, Karten zur Verfügung zu stellen, erreicht sie unter Telefon 0 75 41 / 37 00 61, oder persönlich zu den Öffnungszeiten: Mittwoch von 9 bis 12 Uhr und 13.30 bis 15 Uhr. Per E-Mail ist die Kulturtafel unter info@kulturtafel-fn.de erreichbar. Spenden sind ebenfalls willkommen. Weitere Informationen im Internet finden sich unter