Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Ich glaube nicht, dass man viel Plastik aus dem Meer holen kann“
Müllinseln, Strände voller Abfall: Woher das Plastik in den Ozeanen kommt, hat Christian Schmidt vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung untersucht. Sebastian Heinrich hat mit ihm darüber gesprochen.
Herr Schmidt, rund 90 Prozent des Plastikmülls in den Weltmeeren kommt weltweit aus zehn Flüssen. Das ist das Ergebnis einer 2017 erschienenen Studie, die Sie geleitet haben. Keiner der Flüsse liegt in der EU. Heißt das, wir in Europa machen schon viel richtig im Kampf gegen den Plastikmüll?
Jein. Auch in Europa ist - egal welchen Fluss man untersucht - immer Plastik drin. Auch an europäischen Stränden findet man viel Plastikmüll. Die Donau und der Rhein waren in unserer Studie zwar nicht unter den ersten 10 Flüssen mit dem meisten Plastikmüll, aber immerhin in den ersten 100 von 1500 untersuchten Flüssen. Andererseits hat China - durch das der Jangtse fließt, der weltweit am meisten Plastik transportiert - bis vor Kurzem Müll aus Europa importiert. Was positiv für Europa ist: In der EU gibt es ein recht gut funktionierendes Abfallwirtschaftssystem. Aber auch hier gibt es Lücken und man tut gut daran, sie zu schließen und in der Welt mit gutem Beispiel voranzugehen.
Ist das geplante EU-weite Verbot von Kunststoff-Einwegartikeln also richtig?
Ich bin kein großer Fan von Verboten. Andererseits stehen im Gesetzentwurf tatsächlich großteils die Einwegprodukte, die am meisten Probleme bereiten, wie Wattestäbchen und Strohhalme. Man packt das Problem so nicht an der Wurzel, sondern bekämpft die Symptome. Das kann aber kurzfristig wirken und sinnvoll sein. Am sinnvollsten wäre, wenn man das Wegwerfen und Liegenlassen von Müll in der Umwelt stärker oder wenigstens häufiger bestrafte.