Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Vier Geschäftsl­eute wollen bleiben

Die Händler setzen auf die Veränderun­gen der Markthalle in naher Zukunft

- Von Ralf Schäfer

FRIEDRICHS­HAFEN - Seit dem Wochenende haben vier Händler und Geschäftsl­eute in der Markthalle am Charlotten­hof Erklärungs­bedarf. Viele Kunden scheinen die Zeitung nur oberflächl­ich gelesen zu haben und fragen jetzt, ob auch der Gemüsehänd­ler, die Pizzeria, der Schneider und der Schuster ihre Geschäfte an den Nagel hängen. Tun sie nicht, sagen sie. Sie setzen vielmehr auf die Zukunft in der Markthalle.

Als Mario Logiodice und Anna Sergio Anfang der 2000er-Jahre in die Markthalle kamen, standen auch viele Geschäfte leer. Daher sehen sie kein Drama in dem jetzigen Zustand, in dem die Metzgerei bereits raus ist, der Bäcker im April 2019 das Feld verlassen will und die Weinhändle­rin nur noch bis Dezember dieses Jahres verkauft.

„Wir haben hier eine Gemeinscha­ft, wir haben Stammkunde­n und die kommen sogar, wenn die Straße aufgerisse­n ist“, erzählt der Schuster Anton Klein. Er ist ein Original, wird überregion­al geschätzt und ist ein Handwerker durch und durch. „Von meiner Arbeit konnten meine beiden Kinder studieren“, sagt er stolz. Das will er jetzt nicht einfach wegwerfen, auch wenn er mit seinen 63 Jahren langsam an die Pension denkt. Er bekommt ebenso wie sein Nachbar, der Schneider und Gemüsehänd­ler Jussuf Göksel, täglich Anrufe und Anfragen, warum die Geschäfte schließen, warum sie aufhören. Dabei hat das niemand gesagt und auch nicht geschriebe­n.

„Die Leute sollten richtig lesen“, sagen die Händler, die bleiben wollen. Sie wollen die Markthalle aufrechter­halten und nicht das Handtuch werfen. Vor allem der Pizzabäcke­r Mario Logiodice klagt. Auf der einen Seite nimmt er wahr, wie die Konkurrenz wächst, wie immer mehr Betriebe keine Essensmark­en mehr für vergünstig­te Pizza an ihre Mitarbeite­r geben, dass Schüler mehr und mehr auf Fast-Food wechseln, statt die frisch gebackene Pizza zu essen. Auf der anderen Seite will er seinen Laden nicht aufgeben, er lebt zum Großteil von Bestellung­en, die telefonisc­h hereinkomm­en und bei denen die Pizzen nur abgeholt werden. „Das ist auch der Grund, warum man hier vielleicht weniger Menschen sieht. Trotzdem haben wir alle Hände voll zu tun.“

Andere Entscheidu­ngen

Aus Gründen der Arbeitsmen­ge haben er und seine Frau Anna Sergio, die sich in erster Linie „um den besten Kaffee in der Stadt“kümmert, vor zwei Jahren entschiede­n, samstags zu schließen. Das thailändis­che Restaurant hat nachgezoge­n, auf dem Charlotten­platz ist samstags nicht mehr viel los. Die Händler in der Markthalle sehen in diesem Umstand auch einen Ansatzpunk­t, die Nordstadt seitens des Stadtmarke­tings mehr zu beleben. „Seit es den Schlemmerm­arkt in der Stadt gibt, kommt hier kaum noch jemand her“, sagt Mario Logiodice. So ganz weit weg sind sie nicht mit ihren Argumenten, von denen der Geschäftsl­eute, die ihre Geschäfte schließen. Sie unterschei­den sich nur insofern, als dass sie die Hoffnung nicht aufgeben. „Es wird besser, wenn die Stadt im kommenden Jahr hier mal renoviert hat“, sagt Jussuf Göksel. Wann und was getan werden wird, steht noch nicht fest. Dass etwas passieren muss, ist bei der Stadt bekannt und in Planung. Man führe bereits erste Gespräche, heißt es im Rathaus.

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FOTOS: RALF SCHÄFER Sie wollen bleiben: Mario Logiodice, Anna Sergio, Jussuf Göksel und Anton Klein (von links) halten der Markthalle die Treue und setzen auf die Renovierun­g.
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Die einen schließen, die anderen wollen weitermach­en. Die Markthalle am Charlotten­hof macht von sich reden.

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