Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bürgerkarte für Region Friedrichshafen kommt
Händler und Vereine sollen von neuem Kundenbindungssystem profitieren
FRIEDRICHSHAFEN - Kundenbindung erreichen, die regionale Wirtschaft fördern und ein Bürgervermögen aufbauen? Das geht mit der neuen Bürgerkarte, die es bald auch in Friedrichshafen gibt. Dazu hatte die Regionalgruppe BodenseeOberschwaben des Vereins zur Förderung der Gemeinwohlökonomie am Montagabend in die Buchhandlung Fiederer eingeladen.
Simon Neitzel vom Nachhaltigkeitsnetzwerk „Wir und Jetzt“informierte über die Vorteile des neuen Kundenbindungssystems, das regionale Händler, aber auch Handwerker und Dienstleister mit Vereinen und Projekten vor Ort verbindet. „Die Bürgerkarte schafft Anreize für den Einkauf bei regionalen Anbietern und stärkt so den regionalen Wirtschaftskreislauf“, erklärte Neitzel.
1,8 Prozent gehen an Vereine
Vereine und Initiativen profitieren so: 1,8 Prozent des Umsatzes, der mit der Bürgerkarte bei einem teilnehmenden Händler gemacht wird, gehen an einen Verein oder ein Projekt, das der Kunde auswählt. 0,2 Prozent fließen in ein sogenanntes Bürgervermögen, über dessen Verwendung einmal jährlich im Bürgerparlament entschieden wird. Der Kunde profitiert also nicht in Form eines Rabattes, den er selbst bekommt, sondern der Rabatt geht an den Verein oder das von ihm ausgewählte Projekt. Der Händler kann seine Kosten senken, indem er ebenfalls bei einem teilnehmenden Unternehmen einkauft. „Diese Verrechnungen finden im Hintergrund statt, weder Händler, noch Kunde, noch Verein müssen sich darum kümmern“, erklärte Neitzel das System.
Wolfgang Läuger vom Verein „Bürger vermögen viel“ergänzt: „Dem Geld wird eine andere Richtung gegeben. Es bleibt in der Region“, erklärte er. Thomas Fiederer findet das Projekt gut: „So werden Vereine kontinuierlich gefördert, die Kundendaten sind anonymisiert“, sagte er. Roswitha Fuchsschwanz begrüßte das Projekt aus zwei Perspektiven. Zum einen ist sie Inhaberin eines teilnehmenden Betriebs, der „Soma-Tofurei“aus Friedrichshafen, zum anderen ist sie Vorsitzende des Vereins „Frauen helfen Frauen“im Bodenseekreis. „Das Akquirieren von Spenden ist normalerweise sehr mühsam“, bedauerte sie. So könnten die Mitglieder eines Vereins mit ihrem Umsatz und der Bürgerkarte bei teilnehmenden Geschäften zur Finanzierung beitragen. Die Bürgerkarte ist hauptsächlich für inhabergeführte Geschäfte geeignet, egal ob Lebensmittelhändler, Bekleidungsunternehmen oder Gastronomiebetrieb, so Neitzel. „Für die teilnehmenden Betriebe entstehen nur Kosten, wenn Umsatz gemacht wird“; erklärte er weiter. Die Bürgerkarte gibt es seit fünf Jahren, zwischenzeitlich in neun Regionen, darunter auch im Nachbarkreis Ravensburg.