Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Barber-Angels schneiden Haare in Friedrichshafen
Bewohner der Obdachlosenunterkunft K7 bekommen kostenlosen Haarschnitt
FRIEDRICHSHAFEN (sz) - Im Aufenthaltsraum der Obdachlosenunterkunft „K7“in der Keplerstraße herrscht geschäftiges Treiben. Haare fallen zu Boden, Bartschneider brummen, Kämme und Scheren huschen über Männerköpfe. Die Barber-Angel-Brotherhood (deutsch: Friseuren-Engel-Bruderschaft) ist zum ersten Mal in Friedrichshafen und schneidet dort Haare, wo sich die Menschen einen Haarschnitt nicht leisten können. Kostenlos.
Vier Friseurinnen und ein Friseur waren am vorvergangenen Montag in Friedrichshafen dabei, begleitet von einem Fotografen und einem Engel für die Organisation, der sich für den Einsatz Urlaub genommen hat. Angels, Engel, nennen sich die Mitglieder der Vereinigung, fast alles Friseurinnen und Friseure, die bedürftigen Menschen kostenlos die Haare schneiden. Optisch einem Motoradclub ähnelnd, haben die Barber-Angels aber rein gar nichts damit zu tun.
Die Lederkluft mit den aufgesetzten Logos tragen die Mitglieder wegen des Wiedererkennungswerts, damit die Leute einen direkten Bezug aufbauen können, wie es in einer Pressemitteilung der Angels über den Einsatz im K7 heißt.
Für manche der Mitglieder sei die Kluft anfangs etwas ungewohnt, sagt Corinna Spöcker, das ändere sich aber schnell. „Alle meine Angels tragen die Kluft mit Stolz.“Sie kommt aus Bad Saulgau, ist ein sogenannter Zenturio und verantwortlich für Baden-Württemberg Süd. Ihre Aufgabe ist es, die ehrenamtlichen Einsätze in der Region zu koordinieren. Dabei unterstützt sie Nicole Rieder aus Friedrichshafen. Sie hat auch den heutigen Termin organisiert. Entweder entsteht der Kontakt auf Nachfrage oder die Barber-Angels wenden sich direkt an eine Organisation. In Friedrichshafen hat die K7 den Kontakt gesucht, wie es in der Mitteilung weiter heißt.
Nicole Rieders Friseursalon ist in der Moltkestraße. Sie ist seit einem guten Jahr bei den Barber-Angels, weil sie sich irgendwie einbringen wollte, helfen, da wo es notwendig ist. Die Barber-Angels verbinden Helfen und die Leidenschaft zum Friseurberuf. „Ich würde nie etwas anderes machen wollen“, sagt Nicole Rieder.
Ein Einsatz pro Monat
Die Vereinigung, die ihre Ursprünge in Biberach hat, gibt es seit etwa zwei Jahren, mit mehr als 200 Mitgliedern in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Im September ist auch noch Spanien dazugekommen, die Niederlande sollen folgen. Jedes Mitglied hilft regelmäßig, ein Einsatz im Monat ist üblich und dauert rund drei Stunden, je nachdem, wie viele den Service nutzen, lassen die Angels in der Pressemitteilung wissen. Es sei immer eine Überraschung, so Corinna Spöcker.
Das Werkzeug und die Pflegeprodukte stellen Sponsoren zur Verfügung. „Wir bringen vor allem unsere Zeit und unser Herz ein“, sagt sie. „Das Lächeln und die glücklichen Momente sind der Lohn.“
Jeder Kunde und jede Kundin bekommt auch noch ein kleines Geschenkpaket mit Pflegeprodukten mit, je nach Bedarf.
„Das heute war ein toller Erfolg“, sagt Florian Nägele, der die Aktion mit seinen Kollegen der K7 begleitet hat. Etwa ein Drittel aller Bewohner war an dem Vormittag beim Haareschneiden. „Wir machen das jetzt regelmäßig hier“, lautet auch das Fazit von Nicole Rieder. „Vielleicht sogar bei anderen Zielgruppen“, wünscht sich der Sozialarbeiter.