Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Drei Jahre Haft für diebische Altenpflegerin
42-Jährige lässt Klienten alleine zurück, nachdem sie Konten geplündert hat
ÜBERLINGEN/KONSTANZ (naa) Das Amtsgericht Konstanz hat eine 42-jährige Altenpflegerin wegen gewerbsmäßigen Diebstahls, Verletzung des Briefgeheimnisses und Computerbetrug zu drei Jahren Haft verurteilt. Vor Gericht hatte die Frau eingeräumt, unter anderem auch in Überlingen ihren Job ausgenutzt zu haben, um ihr anvertraute pflegebedürftige Senioren im großen Stil zu bestehlen und danach spurlos zu verschwinden. Den von ihr angerichteten Gesamtschaden bezifferte das Gericht auf 38 933 Euro.
Bereits vor neun Jahren habe sie in ihrem Heimatland einen dreimonatigen Kurs absolviert, der ihr eine Ausbildung zur Altenpflegerin bescheinigte, übersetzte eine Dolmetscherin die Angaben der 42-Jährigen. Damit habe sie sich bei mehreren Internet-Agenturen beworben, die sie bundesweit vermittelt hätten. Auch von Dienststellen in Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz war sie zwischen Ende 2015 und Januar dieses Jahres nach wenigen Tagen über Nacht plötzlich verschwunden.
Im Reisegepäck hatte sie Bargeld, Schmuck und teils auch Elektronikgeräte wie Tablets oder Handys der Senioren. In einigen Fällen ließ sie bettlägerige und hilflose Patienten einfach im Stich. Alle Zeugen berichteten, dass sie bis dahin immer zufrieden mit deren Arbeit gewesen seien. Zum Motiv erklärte die auffallend kleine und schmächtige 42-Jährige, sie habe ihre kranken Eltern in ihrer Heimat finanziell unterstützen müssen. Einen Teil des gestohlenen Bargelds und die Wertgegenstände habe sie dorthin geschickt. Der Vater leide an Prostatakrebs und die Mutter sei dement. Schmuck und anderes Diebesgut seien dann dort zu Geld gemacht worden, um den Arzt und die Medikamente zu bezahlen.
In der Nacht alleinegelassen
Wie die Tochter einer inzwischen verstorbenen Geschädigten in Hessen berichtete, habe die Frau wenige Tage nach Dienstantritt noch um 1000 Euro Vorschuss gebeten. In der darauffolgenden Nacht sei sie dann mit dem Geld und weiteren 1300 Euro Bargeld sowie mehreren Schmuckstücken ihrer bettlägerigen Mutter spurlos verschwunden. Der Schmuck habe für die Mutter eher ideellen Wert gehabt, meinte die Zeugin. „Das Schlimmste war, dass sie meine Mutter nachts einfach alleinegelassen hat“, meinte sie. Auch ein 83-jähriger schwer an Parkinson erkrankter Mann aus Überlingen wurde Opfer der 42-Jährigen. Sie ließ den kranken Senior, der alle drei Stunden Medikamente bekommen musste, mitten in der Nacht alleine. Alles Geld aus seinem Schlafzimmersafe und aus seinem Geldbeutel sowie seine neue EC-Karte mit PIN nahm sie mit. Später stellte sich heraus, dass 7800 Euro aus dem Safe fehlten und die Frau mit seiner ECKarte weitere 3000 Euro aus Geldautomaten gezogen und in die eigene Tasche gesteckt hatte. Aufgrund eines DNA-Abgleichs in der Datenbank des Landeskriminalamts Wiesbaden konnte sie auch im Fall des 83Jährigen aus Überlingen überführt werden.
Vor fünf Monaten wurde sie festgenommen. Seither sitzt sie im Frauengefängnis Schwäbisch Gmünd. Einige der Geschädigten sind inzwischen verstorben. Der 83-jährige Mann aus Überlingen musste nach dem Vorfall in ein Pflegeheim. Seinem Sohn sagte er damals: „Das Geld ist nicht verschwunden, das hat jetzt jemand anderes“. Nicht alle der Bestohlenen haben den eklatanten Vertrauensbruch so fatalistisch ertragen.