Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Breitbandausbau kostet Oberteuringen 8,5 Millionen
Planung für Glasfaserkabelnetz in der Gemeinde liegt vor – Vectoring als „Brücke“– Beitritt zum Zweckverband
OBERTEURINGEN – Schnelles Internet, die Verbindung zum World Wide Web wird für die meisten Menschen immer wichtiger. Die Technik mit sogenannten Glasfaserkabeln gilt dabei als entscheidend für die Zukunft. Das Problem ist aber, dass die großen Telekommunikationsfirmen diese Infrastruktur aus wirtschaftlichen Gründen nicht komplett aufbauen wollen und deshalb viele Haushalte abgehängt sind. Die Politik steuert jetzt auch im Bodenseekreis dagegen. Das Beispiel Oberteuringen zeigt, wie das funktionieren könnte.
„Oberteuringen ist ein Beispiel dafür, wie es in jeder anderen Kommune auch laufen kann“, sagt Ralf Witte. Der Telekommunikationsexperte war bereits seit 2010 im Landkreis Ravensburg am Aufbau der Breitbandversorgung beteiligt und hat jetzt auch den Bodenseekreis diesbezüglich beraten. Die Ausgangslage in Oberteuringen sieht so aus, dass die Firmen Telekom und Teledata zumindest teilweise schnelles Internet anbieten. So sind auch die meisten Verteilerpunkte bereits ans Glasfaserkabelnetz dieser Firmen angeschlossen. Von den sogenannten Kabelverzweigern geht es dann aber mit Kupferkabeln weiter zu den Haushalten. Diese VDSLTechnik bietet laut Witte Downloadraten von bis zu 50 Megabit pro Sekunde. Je nach Entfernung zum Verteilerpunkt und je nach Qualität der Kupferkabel könne die Geschwindigkeit aber stark variieren. Dazu kommt das Netz von Unitymedia, an das einige Haushalte angeschlossen sind. Der Kabelnetzbetreiber kann über seine Leitungen ebenfalls schnelles Internet anbieten.
Vectoring-Technik kommt
Laut Oberteuringens Bürgermeister Ralf Meßmer steht jetzt außerdem fest, dass Teledata und Telekom von den insgesamt 17 Kabelverzweigern in der Gemeinde (die Telekom hat den größeren Teil davon), 15 weiter aufrüsten will, so dass künftig eine noch höherer Bandbreite zur Verfügung steht. Diese Methode nennt sich Vectoring, der Datentransfer auf dem Kupferkabel zwischen Verteilerkasten und dem Endverbraucher wird dabei verbessert. Beim daraus folgenden VDSL-2-Standard sind theoretisch 100 Megabit pro Sekunde (Download) möglich. Meßmer schätzt, dass etwa 95 Prozent der Oberteuringer schon bald von dieser Technik profitieren werden und somit aus heutiger Sicht über sehr schnelles Internet verfügen würden. Das ist erst mal eine gute Nachricht, „auch wenn wir nicht die Gemeinde sind, die hier am frühesten dran ist mit dieser Technik“, sagt der Bürgermeister. Darauf habe er aber keinen Einfluss gehabt. Das macht aber auch das Dilemma der Kommunen deutlich: „Diese Struktur, die wir haben, mit den verschiedenen Anbietern, macht es uns nicht leicht“, sagt der Bürgermeister.
Die Bereiche Oberteuringen, Unterteuringen, Rammetshofen, Bitzenhofen und Hefigkofen werden vom Vectoring profitieren. Einige Gebiete im Außenbereich wie Bibruck oder Blankenried bleiben aber abgehängt. „In Oberteuringen steht vor allem noch der Außenbereich an“, sagt deshalb auch Ralf Witte, „die kleinen Weiler und Streusiedlungen sind noch richtig unterversorgt.“
Zum Problem der Randgebiete kommt außerdem, dass das Glasfaserkabelnetz letztendlich bis zu den Häusern reichen muss. „Auf Dauer ist das Vectoring kein Ersatz, weil wir wissen, dass der Bandbreitenbedarf exponentiell ansteigen wird“, sagt Ralf Witte, „es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Kupfertechnologie am Ende ihrer Leistungsfähigkeit angelegt sein wird“. In spätestens fünf bis zehn Jahren werde man wieder abgehängt sein, „spätestens dann brauchen wir das Glasfaserkabelnetz“.
Politik muss handeln
„Dieser Standard ist der zukunftsfähige, der den meisten Spielraum lässt“, sagt auch Ralf Meßmer. Für den Bürgermeister ist daher klar, dass Oberteuringen den FTTB-Standard spätestens dann brauchen wird. Genauso klar ist aber, dass die großen Telekommunikationsunternehmen die Infrastruktur für diese Technik nicht flächendeckend schaffen wird, da es für sie nicht wirtschaftlich ist. „Deshalb muss die Politik die Sache selbst in die Hand nehmen“, sagt Meßmer.
„Was wir jetzt vorhaben ist der flächendeckende Aufbau der Glasfasertechnik bis in jedes Gebäude“, sagt Witte weiter und meint damit den Aufbau eines Backbonenetzes durch den Bodenseekreis, das alle Gemeinden mit Glasfaserkabeln anfährt. Und den Anschluss innerhalb der Gemeinden an die Häuser nach dem FTTB-Standard („Fibre to the building“). Im Auftrag des Bodenseekreises wurde bereits eine komplette Planung erstellt, an der auch Witte beteiligt war. Auch der Gemeinde Oberteuringen und Bürgermeister Meßmer liegen beide Planungen bereits vor. Abgewickelt werden soll der Bau des Glasfasernetzes im Bodenseekreis über einen Zweckverban. Die wichtige Frage ist jedoch, wie viele Gemeinden sich dem anschließen. In Oberteuringen hat der Gemeinderat bereits einstimmig beschlossen, dem Verband als Gründungsmitglied beizutreten. Für den kompletten Ausbau des FTTBNetzes in Oberteuringen werden die Kosten auf rund 8,5 Millionen Euro geschätzt. Diese würden sich aber auf einen längeren Zeitraum verteilen. Meßmer glaubt, dass zehn bis 15 Jahre vergehen werden, bis wirklich jedes Haus angeschlossen ist.
„Wir brauchen die Infrastruktur, wollen aber keine Doppelstrukturen schaffen“, sagt Meßmer weiter. In wie weit man die bestehenden Glasfaserkabel mitnutzen kann, ist aber unklar. Klar ist für Meßmer, dass man ab jetzt bei jeder Baumaßnahme, Straßensanierung, Straßenbeleuchtung, auch an die Glasfaser denkt und zumindest Leerrohre mit verlegt, vielleicht sogar gleich die Glasfaserkabel. Grundsätzlich will der Bürgermeister die Bereiche in seiner Gemeinde zuerst ans FTTB anschließen, die bisher sehr schlecht versorgt sind. „Wir wollen die Zeit nutzen, das Netz nach und nach aufzubauen“, sagt Meßmer. „Das ist im Grunde eine Herkulesaufgabe“, meint der Experte Ralf Witte.