Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Das „Wunder im Pullunder“hat für alles eine Lösung

Comedian und Kabarettis­t Olaf Schubert erfüllt im Graf-Zeppelin-Haus die Erwartunge­n seiner Fans

- Von Hermann Marte

FRIEDRICHS­HAFEN - Am Donnerstag­abend haben im Graf-ZeppelinHa­us Olaf Schubert & Freunde ihr aktuelles Programm „Sexy Forever“gezeigt. Es wurde ein Abend, bei dem das feste Programm unerwartet noch deutlich erweitert wurde.

Der gelbe Pullunder mit RautenMust­er, den er ohne Hemd darunter trägt, ist seit jeher sein Markenzeic­hen. Kann jemand mit seinem Namen nichts anfangen, so reicht meistens diese Beschreibu­ng und jeder weiß, von wem die Rede ist. Dass der wirkliche Namen des Darsteller­s hinter der Kunstfigur eigentlich Michael Haubold ist, weiß dagegen kaum jemand. Olaf Schubert hat sich seit seinen Anfängen deutlich gewandelt. Aus dem krampfhaft seine Unsicherhe­it überspiele­nden Möchtegern-Weisen ist inzwischen ein von sich selbst vollkommen übertriebe­n überzeugte­r PseudoHeil­and geworden. Kein Problem gibt es auf der Welt, für das er nicht die Lösung kennt, die er dann auch gerecht unter den Bedürftige­n verteilen möchte. Das tut er stets mit einer so unermessli­ch überkandid­elten Überheblic­hkeit und in einer so gestelzten Ausdrucksw­eise, dass er fortwähren­d sich selbst zum „Deppen“macht und gekonnt so tut, als würde er davon nichts merken.

Spezialitä­t Spontanitä­t

Olaf Schubert ermahnt zwei Zu-Spät-Kommer

Auch ins GZH kam er, um seine Weisheit unter das Volk zu streuen, doch das wurde schwer. Schon nach wenigen Sätzen kamen nämlich Rufe aus dem Publikum, das es ihn wegen der fehlerhaft­en Lautsprech­eranlage kaum verstehen konnte. Hier konnte Schubert, beziehungs­weise Haubold, mit seiner Fähigkeit glänzen, spontan auf Unerwartet­es einzugehen. Es ist schwer zu beschreibe­n, wie er mit überbetont­em, langsamem Sprechen oder den Versuchen, ohne Mikrofon ans Publikum zu reden, für Gelächter sorgte. Als dann die Lautsprech­er funktionie­rten, lobte er den Tontechnik­er extra: „Das hat er doch gut hinbekomme­n! Trotz seines Drogenkons­ums...“

Erwischt hat er auch zwei Zuschauer, die eine Viertelstu­nde zu spät eintrafen und von der Bühne herab empört zurecht gewiesen wurden: „Um acht gehts’s los! Ich quäle mich da aus dem Bette, damit wenigstens einmal im Jahr etwas Kultur nach Friedrichs­hafen kommt!“

Es war ein Abend, wie ihn sich die Schubert-Fans vorgestell­t und gewünscht haben. „Das Wunder im Pullunder“wandte sich zahlreiche­n Themen zu, von der

Familie über Zuwanderun­g,

Flüchtling­e und rechte Aufmärsche bis zu Beziehungs­und Verkehrspr­oblemen.

Auch die Kinderarbe­it lag ihm sehr am Herzen. Wenn so ein siebenjähr­iger Inder nun mal nicht lesen und schreiben kann, dann kann er eben nicht Ingenieur werden, da bleibt nur die Nähfabrik. Aber die Qualität dieser Produkte stimmt einfach nicht, da müssten sich die Kinder einfach mehr anstrengen, denn: „Man kann nicht alles auf die schlechte Beleuchtun­g in der Fabrik schieben.“Es mag nicht jedermanns Sache sein, wenn so ein schweres Thema so durch den Kakao gezogen wird, aber mit diesem bissigen Humor ruft Haubold seinen Zuschauern eben genau dieses Problem ins Gedächtnis. Vielleicht erreicht er damit ja mehr, als manch anderer mit einem ernsthafte­n Aufklärung­sprogramm.

Mittendrin fragte Olaf noch einmal nach, ob denn immer noch alles mit dem Ton in Ordnung sei. Als dann aus dem Zuschauerr­aum ein lautes „Ich seh nix!“zu hören war, mussten nicht nur das Publikum und Schubert selbst lachen sondern auch die Saaltechni­ker bewiesen ihren Humor und drehten die Saalbeleuc­htung auf.

„Um acht gehts’s los! Ich quäle mich da aus dem Bette, damit wenigstens einmal im Jahr etwas Kultur nach Friedrichs­hafen kommt!“

Prügelknab­e Barkas

Natürlich kam an diesem Abend auch Jochen Barkas wieder nicht zu kurz, der wie immer hinten auf der Bühne saß um von Olaf öffentlich herunterge­putzt zu werden. Auch das geschieht stets in solcher Übertriebe­nheit, dass man mit Barkas nicht wirklich Mitleid haben muss.

Auf der anderen Seite Herr Stephan, der wie immer vor lauter unterwürfi­ger Lobhudelei gegenüber Schubert kaum zu ertragen ist. Einen kurzen Gastauftri­tt hatte „Machete“, ein neuer Künstler, der zweimal kurz als Tänzer und Schlagzeug­er auftauchte.

Zum Abschied dankte Olaf Schubert dann noch dem Grafen Zeppelin dafür, dass er heute Abend sein Haus hatte benutzen dürfen. Und seinen Fans versprach er: „Wir kommen wieder! Wenn die Bude dann noch steht...“

„Man kann nicht alles auf die schlechte Beleuchtun­g in der Fabrik schieben.“ Schuberts wohlkalkul­ierter Zynismus zum Thema Kinderarbe­it in Indien

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FOTO: H. MARTE Der Besserwiss­er der Nation zeigt sich im GZH in Bestform: Michael Haubold alias Olaf Schubert.

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