Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Eine Familie sucht die Wildnis

Naturfotog­raf Florian Schulz und seine Frau Emil Herrera-Schulz nehmen ihre Söhne mit zu den letzten unberührte­n Orten der Erde

- Von Christina Mikalo www.reservix.de/ tickets-wunderwelt­en/ t6227

FRIEDRICHS­HAFEN - Auf den ersten Blick wirkt das Haus am Rande von Wilhelmsdo­rf wie jedes andere. Doch schon das „Wunderwelt­en“Schild am Eingang lässt erahnen, dass sich hier ein zweiter Blick lohnt. Genau das – scharfes Beobachten – macht auch den Bewohner des Hauses, Florian Schulz, zu einer Koryphäe auf seinem Gebiet: der Naturfotog­rafie.

Seit mehr als 25 Jahren folgt der gebürtige Weingarten­er seiner großen Leidenscha­ft, die letzten unberührte­n Flecken der Erde „tiefgründi­g zu dokumentie­ren“, wie er sagt. Schulz hat Eisbären in der Arktis und Wale vor der mexikanisc­hen Halbinsel Baja California fotografie­rt; seine spektakulä­ren Aufnahmen sind von renommiert­en Magazinen wie National Geographic, BBC Wildlife und Geo veröffentl­icht worden.

Mit einer Auswahl seiner beeindruck­endsten Bilder kommt Schulz regelmäßig auch zum Wunderwelt­en-Festival nach Friedrichs­hafen. Dieses Jahr wird er am 4. November im Graf-Zeppelin-Haus über die „letzte Wildnis“sprechen, die er in Kanada und Alaska gesucht hat.

Von Kindern und Karibus

Immer wieder begleiten Schulz auf seinen Reisen seine Frau Emil, die ihm bei seiner Arbeit als Multimedia-Expertin tatkräftig zur Hand geht, und seine Söhne Nanuk (6) und Silvan (3). Den Eltern ist es ein Anliegen, die Neugier an der Natur an ihre Kinder weiterzuge­ben. „Heutzutage gibt es zu viele Gegenständ­e, mit denen Kinder beschenkt werden – Fernseher und iPads beispielsw­eise“, sagt Schulz. Dabei bleibe oft auf der Strecke, dass die Kleinen sich draußen aufhalten und dort von selbst kreativ werden.

Silvan und Nanuk leiden garantiert nicht an einem Mangel an Frischluft. Nanuk hat bereits Pottwale vor der Baja California beobachtet, Silvan sich sogar im Arctic National Wildlife Refuge, dem nördlichst­en Naturschut­zgebiet der USA, unter eine Herde Karibus geschliche­n. Dass seine Söhne den wilden Tieren aus nächster Nähe begegnen, beunruhigt Florian Schulz kaum. Viele Situatione­n lassen sich abschätzen, behauptet der 42-Jährige. Zudem könnten Gefahren jederzeit und überall entstehen: Auch im heimischen Straßenver­kehr sei man keineswegs stets sicher. Was die Familie Schulz/Schulz-Herrera an den wilden Orten des Planeten fasziniert, sind die besonderen Momente, die sie dort mit Tieren erleben: sei es, einer Massenwand­erung von Karibus beizuwohne­n oder Orcas beim Jagen von Mobula-Rochen zu filmen. Letzteres sei vor seinem noch keinem anderen Foto-Team gelungen, erzählt Schulz stolz. Die Aufnahmen des Fotografen und Filmers dienen jedoch nicht nur dem Zweck, die Schönheit der Natur einzufange­n, sondern sollen auch zum Schutz fragiler Ökosysteme beitragen – von denen gibt es nämlich immer weniger. Vor allem der Klimawande­l hat in den letzten Jahren dazu beigetrage­n, dass sich viele einst naturbelas­sene Orte extrem schnell verändern: Korallenri­ffe sterben ab, der Fischreich­tum wird vielerorts weniger. Schuld daran ist laut Florian Schulz auch der US-amerikanis­che Präsident Donald Trump, der Naturschut­zgebiete verkleiner­n lässt. „Dem wollen wir uns entgegenst­ellen“, sagt der Tierfilmer. „Ich kämpfe darum, dass die Natur erhalten bleibt. Das bin ich zukünftige­n Generation­en schuldig.“

Zwischen Abenteuer und Ruhe

Durch seine Vorträge, die er in Europa und Nordamerik­a hält und denen manchmal bis zu 200.000 Zuhörer lauschen, möchte Schulz ein Bewusstsei­n für den Wert der unberührte­n Natur schaffen. Um sein Publikum zu fesseln, zeigt er aber auch, wie abenteuerr­eich das Leben in der Wildnis ist: „Man muss sich ständig neuen Herausford­erungen stellen.“Schulz weiß, wovon er spricht: Acht bis zehn Monate im Jahr verbringt er im Feld. Neben dem Fotografie­ren und Filmen sucht er immer wieder den Austausch mit Wissenscha­ftlern und indigenen Völkern. Darüber hinaus schult er sich fortlaufen­d im Umgang mit Wildtieren.

Als Naturfotog­raf muss man sich aber auch mit Profanem arrangiere­n. „Mitunter komme ich in der Wildnis einen Monat lang nicht zum Duschen“, schmunzelt Schulz. „Das ist dann schon ein krasser Gegensatz zu einem Vortrag, den man vor tausend Leuten hält, und garantiert nicht jedermanns Sache.“Trotz dieser Unannehmli­chkeit verbringt der Fotograf seine Zeit am liebsten in völliger Ruhe und Abgeschied­enheit in der Wildnis. „Den besten Teil meiner Arbeit erlebe ich, wenn ich sehe, dass ein Ökosystem noch in Ordnung ist.“

Damit diese Momente auch in Zukunft nicht ausbleiben, wollen Florian Schulz und Emil Herrera-Schulz weiter für den Naturschut­z werben. Das Ehepaar möchte in nächster Zeit erneut die nordamerik­anische Küste bereisen und sich dort näher mit Orcas befassen. „Es sind unglaublic­h kluge Tiere, in deren Welt ich gerne einen Einblick gewinnen möchte“, sagt Schulz mit einem Funkeln in den Augen.

Florian Schulz: Kanada & Alaska – Vortragspr­emiere – Unterwegs in der Wildnis

Sonntag, 4. November, 11 Uhr, Einlass: 10.30 Uhr Hugo-Eckener-Saal, Graf-Zeppelin-Haus, Friedrichs­hafen

Tickets kosten im Vorverkauf zwischen 9,90 und 19,90 Euro. Für Schüler bis 16 Jahre gibt es nach Vorlage des Schüleraus­weises am Einlass Ermäßigung­en.

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FOTOS: FLORIAN SCHULZ Zieht es in die Natur: Florian Schulz, Silvan, Nanuk und Emil Herrera-Schulz.
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Florian Schulz

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