Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Allee an der Rotach soll erhalten bleiben

Stadt stellt überarbeit­ete Pläne für Hochwasser­schutz vor – Nur vereinzelt sollen Bäume weichen

- Von Jens Lindenmüll­er

FRIEDRICHS­HAFEN - Wenn die Stadtverwa­ltung im Vorfeld einer Gremiumssi­tzung zu einem speziellen Tagesordnu­ngspunkt zu einem Pressegesp­räch einlädt, dann handelt es sich entweder um ein besonders bedeutsame­s oder um ein hitzig und emotional diskutiert­es Thema. Im Fall der Hochwasser­schutzmaßn­ahmen an der Rotach, mit denen sich am Dienstag der Ausschuss für Planen, Bauen und Umwelt befasst, trifft beides zu.

Auf den ersten Blick mag es angesichts der anhaltende­n Trockenhei­t in den vergangene­n Monaten fast als paradox erscheinen, über Hochwasser in Flüssen zu diskutiere­n. Doch Klimaforsc­her warnen nicht erst seit gestern davor, dass in Zukunft mit immer extremeren Wetterkapr­iolen zu rechnen sein wird. Und das gilt eben nicht nur für Hitze und Trockenhei­t, sondern auch in die entgegenge­setzte Richtung, wie der aktuelle Blick nach Italien zeigt. Von daher ist die Stadt Friedrichs­hafen gut beraten, das Thema Hochwasser­schutz anzugehen. Eine Wahl hat sie aufgrund entspreche­nder Vorgaben des Landes ohnehin nicht. Seit der baden-württember­gische Landtag im November 2013 das neue Wassergese­tz beschlosse­n hat, gilt Friedrichs­hafen als Überschwem­mungsgebie­t. Im Fall eines sogenannte­n 100-jährigen Hochwasser­s an der Rotach – also einem Hochwasser, das so extrem ist, dass es nach bisherigen Maßstäben nur einmal in 100 Jahren vorkommt – wäre das Häfler Stadtgebie­t ohne weitere Schutzmaßn­ahmen von schweren Überschwem­mungen bedroht. In besagtem Pressegesp­räch war am Montag die Rede von Schäden, die sich in Wohn- und Gewerbegeb­ieten auf rund 92 Millionen Euro summieren würden.

In den vergangene­n Jahren sind nun verschiede­ne Varianten geprüft worden, wie sich die Hochwasser­gefahr an der Rotach deutlich minimieren ließe. Wie Klaus Ruff, Leiter das Amtes für Wasser- und Bodenschut­z im Landratsam­t des Bodenseekr­eises, am Montag erklärte, gebe es grundsätzl­ich zwei Möglichkei­ten: entweder die Dämme erhöhen oder große Rückhalteb­ecken im Hinterland anlegen. In letzterem Fall wäre laut Ruff im Bereich zwischen Deggenhaus­ertal und Oberteurin­gen ein Becken mit einem Fassungsve­rmögen von 1,5 Millionen Kubikmeter erforderli­ch. Weil der notwendige Grunderwer­b kaum umsetzbar und die Eingriffe in die Natur immens wären, betrachten Fachleute eine Erhöhung der Dämme in Friedrichs­hafen als eindeutig sinnvoller­e Variante.

Bürger setzen sich für Bäume ein

Über entspreche­nde Pläne hat die Stadt schon vor vier Jahren öffentlich informiert – und ist damit auf erhebliche­n Widerstand gestoßen. Weil für die Erhöhung der Dämme eine stattliche Zahl Bäume gefällt werden sollte, sahen viele Häfler das Naturparad­ies Rotach massiv in Gefahr. Eine Bürgerinit­iative übergab dem Oberbürger­meister damals eine Liste mit fast 1500 Unterschri­ften. Aus Bunkhofen wiederum erhielt er eine Liste mit knapp 400 Unterschri­ften von Anwohnern, die sich verhement für die Schutzmaßn­ahmen stark machten.

Die Zahl von rund 200 zu fällenden Bäumen, die damals kursierte, wies Baubürgerm­eister Stefan Köhler am Montag als „unsachlich“zurück. Tatsächlic­h wäre die Zahl deutlich geringer gewesen – und habe sich nach erneuten Überplanun­gen nun weiter reduziert. Wie viel Bäume letztlich weichen müssen, dazu gab es im Pressegesp­räch zwar keine konkrete Aussage, Elisabeth Austen vom Stadtbauam­t betonte allerdings, dass die Allee erhalten bleibe. Um das zu ermögliche­n, werden die Dämme zum Teil erst hinter den Alleebäume­n erhöht. Voraussich­tlich müssten nur vereinzelt Bäume gefällt werden.

Untersucht haben die Planer insgesamt 2700 Meter Flusslauf der Rotach, was verteilt auf beide Uferseiten eine Gesamtläng­e von 5500 Metern ergibt. Auf einer Länge von 4350 Metern sind nach aktuellem Planungsst­and Hochwasser­schutzmaßn­ahmen vorgesehen. Die Dämme sollen um bis zu 1,80 Meter erhöht werden – teilweise durch Aufschüttu­ng, teilweise durch Betonwände. Letztere sollen als solche nicht sichbar sein, sondern zum Beispiel begrünt oder mit Naturstein­en verkleidet werden. Im Bereich der Schreienes­chschule ist geplant, eine Betonwand durch einen treppenart­igen Vorbau zu ergänzen, der als Sitzgelege­nheit dienen kann.

Die Kosten für den gesamten hochwasser­sicheren Ausbau der Rotach belaufen sich nach Schätzunge­n auf 20 Millionen Euro – wobei für bis zu 70 Prozent der Kosten Fördermitt­el des Landes fließen könnten.

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FOTOS: MICHAEL SCHEYER Bei extremen Regenfälle­n drohen an der Rotach massive Überschwem­mungen.
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Die Hochwasser­schutzmaßn­ahmen an der Rotach werden voraussich­tlich rund 20 Millionen Euro kosten.

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