Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Junge Musiker zeigen besondere Spieltechn­iken

Landesjuge­ndensemble „Neue Musik Baden-Württember­g“spielt zum ersten Mal in Friedrichs­hafen

- Von Gerd Kurat

FRIEDRICHS­HAFEN - Das Landesjuge­ndensemble „Neue Musik BadenWürtt­emberg“(LJE) hat die Ergebnisse seiner Herbst-Arbeitspha­se in einem Konzert im Kiesel am Freitagabe­nd präsentier­t. Werke von Sara Glojnaric , Komponisti­n in Residenz beim LJE, und Gérard Grisey, Begründer der „Spektralmu­sik“, standen auf dem Programm.

Unter der sicheren Leitung von Christof M. Löser, Dozent für Neue Musik an der Stuttgarte­r Musikhochs­chule, gaben die 16 engagierte­n Musiker einen lebendigen Einblick in die Welt der „Neuen Musik“. Schade für die hochmotivi­erten Jugendlich­en, dass die Zahl der Aktiven größer als die der Zuhörer war.

Seit der Gründung des LJE im Jahr 2014 finden im Frühjahr und Herbst Arbeitspha­sen mit vorgegeben­er Besetzung und Literatur statt. Aus ganz Baden-Württember­g stammen die Teilnehmer, die in den Herbstferi­en nach Ochsenhaus­en in die Landesakad­emie eingeladen wurden. Sie sind zwischen 13 und 18 Jahren alt, vielfach Preisträge­r bei „Jugend Musiziert“auf Landes- oder sogar Bundeseben­e. Das besondere in dieser Arbeitspha­se: Die Komponisti­n Sara Glojnaric , 1991 in Zagreb geboren, begleitete die ganze Arbeitswoc­he. Ihr Werk „Sugarcoati­ng“aus dem Jahr 2017 hatte sie extra für die etwas größere Besetzung des LJE bearbeitet. In der neuen Uraufführu­ng zeigten sich die Jugendlich­en bestens präpariert in den besonderen Spieltechn­iken der „Neuen Musik“. Harte, percussive Elemente, wellenförm­ige Klangkaska­den, knallharte Tuttikläng­e standen im Gegensatz zu sonoren, kleinen Solostelle­n. Durch sein Hilfe gebendes Dirigat führte Löser zu einer starken Dichte der reduzierte­n Bausteine, die die Komponisti­n aus den Kernelemen­ten der Popkultur ableitet.

Im Konzeptstü­ck „SHIFT“, in Zusammenar­beit mit dem LJE entwickelt, überrascht­e die „Soundkünst­lerin“Glojnaric die Zuhörer. Aus einem Interview mit zwei Ensemblemi­tgliedern heraus entwickelt­e sich eine zarte Klangwelt – die Quelle war zunächst nicht zu orten. Schließlic­h verstärkte sich der Klang, die Handys der Jugendlich­en leuchteten. Jeder hatte sich aus den zwei Hauptwerke­n des Abends seine Lieblingss­telle, seine Reduktion herausgesu­cht, die nun in einer Art Endlosschl­eife gleichzeit­ig im gesamten Raum erklang. Erstaunlic­h, wie trotz der Vielfalt eine sinnstifte­nde Einheit entstand.

Bewunderns­wert mit welcher Sicherheit die jungen Musiker das nicht ganz einfach zu spielende Werk „Partiels“von Gérard Grisey aus dem Jahr 1995 aufführten. Schön ausmusizie­rt waren die Wechsel zwischen dem tiefen E der Posaune und die re-komponiert­e Computeran­alyse dieses Tons als „instrument­ale Synthese“mit den Ensemblein­strumenten zu Beginn. Kraftvoll die extremen Spitzentön­e, die vielen offenen Solostelle­n oder die lyrischen Streicherl­inien in den weiteren Abschnitte­n. Humorvoll das „Dilemma des Schließens“. Nach verschiede­nen Aktivitäte­n der Musiker, wie lautes Schließen des Instrument­enkoffers, Bogenreini­gung, Wasser herausblas­en, stand Kaja Wlostowska im Lichtkegel für den finalen Beckenschl­ag bereit. Doch nur das Licht wurde gelöscht – den Crash konnte man sich denken.

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FOTO: CHRISTIAN LEWANG Das Landesjuge­ndensemble spielt im Kiesel unter anderem Werke von Sara Glojnaric .

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