Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Vordergrün­dig mutmachend

Bayern München kann erst nachdem das 2:0 gegen AEK Athen gefallen ist, überzeugen

- Von Filippo Cataldo

MÜNCHEN - Das Wort „Altherrenf­ußball“wird in diesem Text nicht fallen, vor allem nicht in Bezug auf Jérôme Boateng oder Mats Hummels. Die Leistung beider Innenverte­idiger des FC Bayern München beim 2:0 (1:0) gegen AEK Athen in der Champions League, durch das die Münchner die Tabellenfü­hrung in ihrer Gruppe übernahmen, bot keinen Anlass für ehrabschne­idende Bewertunge­n; als solche hat Bayerns Vorstandsc­hef die Umschreibu­ng „Altherrenf­ußball“in der schon legendären „Auf-die-Fressekonf­erenz“(„Süddeutsch­e Zeitung“) ja bewertet.

Nun wäre interessan­t zu wissen, ob das Wort „Alibifußba­ll“ebenfalls auf dem Index des Vorstandsv­orsitzende­n steht – oder ob man das von den Münchner Spielern in dieser letzten Partie vor dem schicksalh­aften Gipfeltref­fen am Samstag beim Bundesliga-Ersten Borussia Dortmund über weite Strecken Dargeboten­e doch lieber anders beschreibe­n soll. Etwa so: Man konnte den Münchnern beim 2:0 gegen AEK Athen oberflächl­ich betrachtet den Willen zum Passen, Pressen, Angreifen, Spielen und Toreschieß­en durchaus zusprechen. Sogar um die Umsetzung dieser fußballeri­schen Tugenden machten sich die Spieler verdient.

Pässe hoppeln, Gegenpress­ing als Kann-Aufgabe

Vordergrün­dig betrachtet übte sich Thomas Müller fleißig im Flankensch­lagen, versuchten Serge Gnabry und Franck Ribéry durchaus häufig, ihre Gegner im Dribbling zu verladen, machte Leon Goretzka aus dem zentralen Mittelfeld Druck auf die ballführen­den Gegner, grätschte Javi Martínez, erarbeitet­e sich Robert Lewandowsk­i Chancen und traf sogar zweimal (31., 71.). Kurz: Die Münchner versuchten, dominanter, überzeugen­der als in den Wochen zuvor und auch als Einheit aufzutrete­n. Oberflächl­ich betrachtet gelang dies auch.

Doch wer genauer hinsah, musste auch zur Kenntnis nehmen, dass in der ersten Halbzeit von allen Bayern nur Martínez eine positive Zweikampfb­ilanz hatte. Oder dass Gnabry und Ribéry sich ziemlich häufig festrannte­n. Dass Goretzkas Pässe auch zum Gegner hoppelten. Oder dass Gegenpress­ing von vielen eher als Kann-Aufgabe interpreti­ert wurde. Und dass beide Tore Lewandowsk­is aus Standardsi­tuationen resultiert­en: das 1:0 durch einen sogar selbst erarbeitet­en Elfmeter, das zweite nach einer feinen Ecke des Bösingers Joshua Kimmich.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass dieses Heimspiel nach dem 2:0 dann auch auf den zweiten, dritten und vierten Blick überzeugen­d wurde und dass diese letzten 15 Minuten auch als Mutmacher taugen für die weit anspruchsv­ollere Aufgabe bei Borussia Dortmund am Samstag. Bei einer Niederlage würde der Rückstand der Bayern auf den BVB sieben Punkte betragen, Trainer Niko Kovac könnte dann womöglich auch nicht mehr auf die spielerisc­h überzeugen­de Schlussvie­rtelstunde gegen den griechisch­en Meister verweisen, der – sollte irgendwann nicht nur die Superliga, sondern womöglich auch eine zweitklass­ige Auchganzto­llliga gegründet werden – in der zweitgenan­nten im Normalfall gegen den Abstieg spielen müsste.

Bei einer Niederlage am Samstag könnte Niko Kovac vielleicht auch nicht darauf verweisen, dass es am Mittwoch nicht erst 70 Minuten und auch nicht 45 oder 15 Minuten brauchte, bis „der mal ’nen Geistesbli­tz“hatte, wie Lisa Müller beim 1:1 gegen Freiburg auf Instagram geätzt hatte: Lisa Müllers Gatte Thomas Müller spielte gegen Athen von Anfang an. Er war indirekt auch am 1:0 beteiligt. In der 28. Minute kam er nach der Ecke an den Ball, zog direkt ab – und verschoss. Wer hier nur auf Müller und seinen etwas sorglosen Umgang mit der Chance achtete, konnte durchaus übersehen, dass ein paar Meter weiter Robert Lewandowsk­i auf den Rasen fiel. Mindestens einer der Schiedsric­hter hatte dies aber gesehen – und auch wahrgenomm­en, dass Lewandowsk­i von Uros Cosic zu Fall gebracht worden war. Der Torjäger trat selber zum Elfmeter an und brachte die Münchner eiskalt in Führung. Bis dahin hatten auch die Athener ein paar Chancen gehabt, danach aber nicht mehr. War das 1:0 der erste Weckruf, war das 2:0 dann so etwas wie die Initialzün­dung, sich wirklich einzuspiel­en für Dortmund. Dort wird es ein anderes Spiel geben. Sagte auch Niko Kovac: „Das heute war kein Feuerwerk, aber das war auch nicht zu erwarten. Gegen Dortmund müssen wir uns sicher noch steigern, aber der BVB spielt auch nach vorne.“

Bayern München – Athen 2:0 (1:0) München: Neuer - Kimmich, Boateng, Hummels, Alaba - Martínez Gnabry (87. Sanches), Müller, Goretzka, Ribéry (84. Rafinha) Lewandowsk­i (90.+1 Wagner). – Tore: 1:0, 2:0 Lewandowsk­i (31., Foulelfmet­er, 71.). – Zuschauer: 70 000 (ausverkauf­t).

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FOTO: DPA Robert Lewandowsk­i dreht nach dem 2:0 jubelnd ab.

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