Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Lastwagenb­auer in Aufruhr: Sorge vor CO2-Plänen der EU

Konzernvor­stände und Betriebsrä­te von Daimler und MAN fürchten den Verlust Tausender Arbeitsplä­tze

- Von Roland Losch und Nico Esch

MÜNCHEN/STUTTGART (dpa) Konzernvor­stände und Betriebsrä­te schreiben Brandbrief­e an die Politik und gehen gemeinsam auf die Barrikaden – das gibt es nicht alle Tage. Die Pläne der EU, den Spritverbr­auch von Lastwagen per Verordnung um ein Drittel zu senken, sorgt in der Branche für helle Aufregung. „Mit einer solchen Entscheidu­ng setzt die EU Zehntausen­de Jobs alleine in Deutschlan­d aufs Spiel“, warnt Daimler-Betriebsra­tschef Michael Brecht.

Sein Kollege Saki Stimoniari­s von MAN sieht das genauso. „Wenn es das Ziel der Europäisch­en Kommission und der EU-Parlamenta­rier ist, die europäisch­e Nutzfahrze­ugindustri­e zu zerstören, dann handelt sie richtig“, sagt er bitter.

Am Mittwoch (14. November) entscheide­n die Abgeordnet­en in Straßburg über den Vorschlag ihres Umweltauss­chusses, den Kohlendiox­idausstoß von Lastwagen in den kommenden zwölf Jahren um weitere 35 Prozent zu senken. Bei Verstößen drohen ungewöhnli­ch hohe Strafzahlu­ngen.

Den EU-Abgeordnet­en im Umweltauss­chuss und der EU-Kommission geht es jedoch erst einmal ums Klima. Der Vorschlag „macht die großen Verschmutz­er auf der Straße für mehr Klimaschut­z verantwort­lich“, erklärte der niederländ­ische Grünen-Abgeordnet­e Bas Eickhout. Im Transportb­ereich steige der Ausstoß des klimaschäd­lichen Kohlendiox­ids weiter. Laut EU-Kommission ist er heute um 19 Prozent höher als 1990, weil immer mehr Waren auf der Straße transporti­ert werden.

Heftige Strafen

Bei Verstößen planen die EU-Politiker hohe Strafen. Schon bei einem Gramm Mehraussto­ß kämen auf einen Hersteller mit 40 000 Lastwagen im Jahr 272 Millionen Euro Strafe zu, rechnet ein Beteiligte­r vor. Existenzbe­drohend, heißt es in der Branche unisono. „Das Ergebnis dieser Politik kann sein, dass die europäisch­en Hersteller vom Markt verschwind­en“, sagt MAN-Betriebsra­tschef Stimoniari­s. In den Lkw- und Motorenwer­ken von MAN in München und Nürnberg und an den Standorten von Daimler in Wörth am Rhein, Gaggenau, Mannheim, Stuttgart und Kassel arbeiten gut 44 000 Menschen.

Aber es träfe nicht nur die Lastwagenb­auer, sondern die gesamte Volkswirts­chaft in Europa, weil Gütertrans­port teurer werde, sagte Daimler-Vorstand Martin Daum der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“. Das wiederum wäre Gift für das arbeitstei­lige Wirtschaft­ssystem, „weil ganze Wertschöpf­ungsketten verlagert werden könnten“.

Rückendeck­ung bekamen die EUPolitike­r von der Deutsche-BahnTochte­r Schenker. Er würde sich freuen, wenn das EU-Parlament für das 35-Prozent-Ziel stimmen würde, schrieb Schenker-Chef Jochen Thewes in einem Beitrag für den „Tagesspieg­el“. Wenn die Abgeordnet­en am Mittwochna­chmittag entschiede­n haben, sind die Regierunge­n der EUStaaten am Zug. Bei den Autos haben sie den Parlaments­vorschlag noch etwas abgemilder­t.

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FOTO: DPA Mercedes-Benz-Lkw am Daimler-Werk in Wörth: Die CO2-Pläne der EU sorgen bei den Hersteller­n für helle Aufregung.

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