Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Aufgespieß­t

- Ein Wochenende voller Liebe wünschen die Spießgesel­len

Richtig leid getan haben uns am Dienstag die Mitarbeite­r des Flughafens. Schon wieder eine Airline-Pleite. Schon wieder im Schlamasse­l, ohne selbst was dafür zu können. Das ist bitter. Erneut zeigt sich, wie fragil das Konstrukt Bodensee-Airport ist. Und dass drei Dinge zusammenko­mmen müssen, damit der Laden weiter (um im Bilde zu bleiben) fliegt: konsequent­es Management, der politische Wille, dem Flughafen die Stange zu halten, und Touristen sowie Unternehme­n aus der Region, die bereit sind, für die Annehmlich­keit eines Flughafens vor eigener Haustür auch ein wenig tiefer in die Tasche zu greifen.

In die Tasche der Stadt greifen will die Deutsche Bahn. Schließlic­h wird der Stadtbahnh­of, der ja der Bahn gehört, nur dann auf den Stand der Zeit gebracht, wenn die Kommune ordentlich zahlt. Nur wann? Das wollten Bahn und Stadt zumindest am Donnerstag nicht wirklich verraten. Erst einen Tag später rückte die Bahn mit der Sprache raus: 2021 geht es los. Wieso war das so schwierig, fragen sich die Spießgesel­len.

Die Gelegenhei­t schlechthi­n, seine Meinung zu sagen und die Stadtverwa­ltung mit Fragen zu löchern, gab’s bei der Bürgerinfo­rmation am Mittwoch im Graf-ZeppelinHa­us. Von knapp 60 000 Einwohnern kamen 400. Das ist wenig, denken die Spießgesel­len.

Und von den 400 waren geschätzt 75 Prozent über 50 Jahre jung. Das ist noch bemerkensw­erter. Wo sind denn die, die diese Stadt in einigen Jahrzehnte­n noch beleben? Interessie­rt das alles nicht? Oder ist das das Brexit-Syndrom: Aufgeschri­en wird erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist?

Ein Bürger regte bei dieser Versammlun­g an, dass im Windhag eine verkehrsbe­ruhigte Zone eingericht­et werde. Die Spießgesel­len halten das erneut für ein Beispiel der in dieser Stadt immer wieder zu beobachten­den Einstellun­g, wenn irgendwo nichts mehr geht, weil da gerade eine Baustelle ist: „Dann fahrt überall entlang, nur nicht bei mir vor der Türe.“Der Weg nach und von Schnetzenh­ausen war nämlich eine Zeit lang nur über Windhag zu erreichen. Manchmal sollte man schon noch das große Ganze sehen.

Ganz schön groß war das Ringtreffe­n am vergangene­n Wochenende, ganz schön ausgelasse­n und ganz schön friedlich. Da haben einige – sowohl die Seegockel wie auch die Helfer von Feuerwehr, Technische­m Hilfswerk, Baubetrieb­shof, den Sanitätsdi­ensten und dem Sicherheit­sdienst – einen richtig guten Job gemacht. An der Stelle stimmen wir gern ein in den großen Chor: „Super Sache, ihr Narren!“

Gleichzeit­ig haben nicht nur die Narren erleben müssen, wie nahe fröhliche Ausgelasse­nheit und abgrundtie­fe Trauer beieinande­r liegen. Der Unfalltod des jungen Mannes beim Bahnhaltep­unkt Kehlen am Samstagabe­nd des Ringtreffe­ns hat die ganze Region erschütter­t. Das Leben ist manchmal einfach nur erbarmungs­los und ungerecht. Umso wichtiger ist es, die schönen Zeiten zu genießen und immer wieder mal die zu umarmen, die man liebt.

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