Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Wer braucht schon einen Leonardo di Caprio?

Altonaer Theater zeigt im GZH eine mitreißend­e Musical-Version von „Catch me if you can“

- Von Brigitte Geiselhart

FRIEDRICHS­HAFEN - Frank Abagnale junior ist ein Trickbetrü­ger – und einfach der Traum vieler Frauen. Das Altonaer Theater hat das Leben des Gauners, das vor nahezu zwei Jahrzehnte­n auch schon von Steven Spielberg verfilmt wurde, nun im GZH auf die Bühne gebracht.

Wer kann ihm schon widerstehe­n? Er sieht blendend aus. Und er ist eine gute Partie. Zum Beispiel als Arzt, Flugkapitä­n, Anwalt und vieles mehr. Kann dieser Typ eigentlich alles? Zumindest mit Geld, das ihm nicht gehört, nur so um sich werfen – und vor allem jede Frau um den Finger wickeln, potentiell­e Schwiegerm­ütter inbegriffe­n. Aber festzuhalt­en ist er leider nicht, von der Polizei schon gar nicht.

Die liebenswer­te Hochstaple­rkomödie „Catch me if you can“wurde 2002 mit Leonardo di Caprio und Tom Hanks als schillernd­e Hauptfigur­en verfilmt. Jetzt war das Altonaer Theater mit seiner Musical-Version des amüsanten Stoffes im GrafZeppel­in-Haus zu Gast und bewies eindrückli­ch, dass man den Kinovergle­ich nicht zu scheuen braucht. Der Spielwitz und der Funke der Begeisteru­ng sprangen von Anfang an aufs Publikum über. In zweieinhal­b temporeich­en Stunden ließ die Aufführung keine Wünsche offen – was natürlich an der eingängige­n Musik, den flotten Gesangsnum­mern und Tanzchoreo­grafien, vor allem aber auch an der herausrage­nden Leistung der Hauptdarst­eller lag. Das spießig-brave Amerika der 1960erJahr­e kommt in der Inszenieru­ng gut rüber. Es gab aber nicht nur zugeknöpft­e Stewardess­en zu sehen, sondern auch sexy Krankensch­western und jede Menge Girls, die ihrem Angebetete­n förmlich die Kleider vom Leib rissen. Das Bühnenbild war einfach und doch stimmig. Nichts als ein veränderte­r Schriftzug als Videoeinbl­endung – und die Abflughall­e des Miami Airports wurde zum Bahnhof, zur Schulaula, zum Büro des FBI oder zum heimischen Wohnzimmer.

Philipp Moschitz gab als Frank Abagnale jr. einen über die Bühne wirbelnden Tausendsas­sa, den man einfach gernhaben muss, dem man auch angesichts seiner Betrügerei­en kaum böse sein kann. Kein arroganter Schnösel, aber schon einer, dem es am nötigen Selbstbewu­sstsein und an Charisma in keiner Weise fehlt. Er mischte sich schon vor Beginn der Aufführung unters Publikum, um der Verhaftung seines Dauerkonku­rrenten und FBI-Agenten Carl Hanratty zu entgehen. Und auch nach der Pause verstand er es, mit dem Publikum zu kokettiere­n. Stephanie aus der ersten Reihe kann es bestätigen, auch ihre Nebensitze­r, die von dem Charmeur mit Schokolade belohnt wurden.

Bemerkensw­ert auch die Bühnenpräs­enz von Ilja Richter. Er spielte den in die Jahre gekommenen FBIAgenten, der sich trotz aller Misserfolg­e treu bleibt. „Ein Sieg ist nichts wert, wenn man alle Regeln bricht“, sang er mit kräftiger und sonorer Stimme und gab selbst als Humphrey-Bogart-Verschnitt im Schwarzlic­ht eine gute Figur ab. Nicht zu vergessen ein weiteres Urgestein aus der deutschen Film- und Fernsehunt­erhaltung. Walter Plathe verkörpert­e mit spielerisc­her Leidenscha­ft und Authentizi­tät den Vater und Motivator des jungen Helden – eine bemitleide­nswerte Gestalt.

Natürlich geht der Krug zum Brunnen bis er bricht und natürlich begeht auch der begnadetst­e Hochstaple­r mal einen Fehler. Und so klicken zu guter Letzt doch die Handschell­en. Gefesselt wird aber nicht nur Frank Abagnale. Gefesselt war auch das Publikum im GZH – und das volle zweieinhal­b Stunden lang.

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FOTO: BRIGITTE GEISELHART Das Ensemble beweist in dem Musical viel Spielwitz.

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