Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Das Klimapaket kann kommen
Breite Zustimmung auch der Länder im Bundesrat erwartet
BERLIN - Es gibt kaum Zweifel an der Zustimmung der Länder, wenn sie das Klimapaket an diesem Freitag abschließend im Bundesrat beraten. Die großen Länder Bayern, BadenWürttemberg, Niedersachsen, aber auch Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Schleswig-Holstein, das Saarland und Hessen haben schon ihre Zustimmung angekündigt, die Grünen in den Landesregierungen und die grüne Bundestagsfraktion ebenso.
Der Bundestag stimmte dem im Vermittlungsausschuss errungenen Kompromiss mit den Stimmen der Großen Koalition und der Grünen zu. Für Unionsfraktionsvize Andreas Jung ist es ein „Paket, das Bürger und Wirtschaft mitnimmt“. Man steige moderat ein, um denn Schritt für Schritt vorzugehen, sagte er bei der Einbringung des Klimapakets.
Heizen wird teurer, Strom billiger. Mit den Einnahmen des steigenden CO2-Preises sollen die Stromkosten für Bürger und Mittelstand sinken und Fernpendler stärker unterstützt werden. Wenn die EEG-Umlage um zwei Cent sinke, mache das für einen vierköpfigen Haushalt schon rund 100 Euro im Jahr aus, so Volker Ratzmann, der Bevollmächtigte des Landes beim Bund. Die grün-schwarze Landesregierung Baden-Württembergs will im Bundesrat zustimmen, auch wenn Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) im Vorfeld Bedenken hatte, ob die neue CO2-Bepreisung verfassungsfest ist. Wie Ratzmann erklärte, wurden die Bedenken aber zurückgestellt: Kanzleramt und Bundesfinanzministerium seien anderer Auffassung gewesen, auf diese Einschätzungen habe man nun vertraut.
Der CO2-Preis soll dem neuen Kompromiss zufolge im Verkehr und bei Gebäuden ab 2021 nicht mit zehn Euro, sondern mit 25 Euro pro Tonne starten und schrittweise bis 2025 auf 55 Euro erhöht werden. 2026 soll ein Preiskorridor von 55 bis 65 Euro festgelegt werden.
Für Unionsfraktionsvize Jung sind das gute Nachrichten. Denn mit den Einnahmen sollen auch Fahrpreise der Bahn gesenkt und die energetische Sanierung von Gebäuden vorangetrieben werden – ein lang umkämpftes Vorhaben.
Ausgleich für Fernpendler Nachdem der Einstieg in die CO2-Bepreiung von zehn auf 25 Euro erhöht wurde, hat man sich im Gegenzug auf einen besseren Ausgleich für Fernpendler geeinigt. Sie sollen ab 2021 statt 30 Cent 35 Cent pro Kilometer ab dem 21. Entfernungskilometer bekommen, ab 2024 (bis 2026) 38 Cent. Der FDP reicht dies nicht. Ihr Abgeordneter Christian Dürr meinte, Millionen von Pendlern würde durch die 21-Kilometer-Grenze gar nicht erreicht. Auch Gesine Lötzsch von den Linken meinte, das Klimapaket sei weder gerechter noch sozialer geworden.
Mit Spannung erwartet wurde im Bundestag der Auftritt der neuen SPD-Chefin Saskia Esken. Sie begann, wie beim SPD-Parteitag, mit der Frage, was Willy Brandt wohl zum Klimapaket gesagt hätte. Esken geht davon aus, er hätte auf die Pflicht hingewiesen, den Planeten bewohnbar zu halten, aber auch darauf, dass es keinen Klimaschutz geben dürfe, den man sich nicht leisten kann. „Wichtig ist, dass starke Schultern mehr tragen.“
Sie unterstütze das Klimapaket, auch wenn sie sich weiter für eine Klimaprämie einsetze. Besonders dankte sie Finanzminister Olaf Scholz und der Mecklenburg-Vorpommerschen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (beide SPD) für ihren Einsatz für mehr Klimaschutz und sozialen Ausgleich.
Der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, der Klimakompromiss sei nur ein erster Schritt, er sei dem „großen Druck der grün-mitregierten Länder“zu verdanken und wäre zudem nicht möglich gewesen, „wenn es den massiven Druck von der Straße nicht gegeben hätte“.