Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Teppiche sollen Winterspor­tgebiete retten

Zwei Unternehme­n in Sachsen entwickeln die textile Skipiste, die auch ohne Schnee und Frost auskommen soll

- Von Katrin Mädler

TREUEN/CHEMNITZ (dpa) – In einem Labor im Vogtland tüfteln Ingenieure an der Zukunft des Winterspor­ts. Die Experten suchen Lösungen für den befürchtet­en Schneemang­el in den Skigebiete­n wegen des Klimawande­ls. Die Firma Vis GmbH in Treuen stellt eigentlich Transportb­änder her – nun forschen sie an Gleiteigen­schaften, Kältebestä­ndigkeit und Flexibilit­ät einer textilen Unterlage, auf der irgendwann Skifahrer stehen sollen.

Auf die Idee gekommen ist das junge Chemnitzer Startup Mr. Snow, gegründet von drei Absolvente­n der dortigen Technische­n Universitä­t. Vor zehn Jahren begannen die Gründer zu forschen. Inzwischen haben sie unterschie­dliche Gleitmatte­n entwickelt für Langlauf, Abfahrt und Skitrainin­g. Bei dem aktuellen Projekt gemeinsam mit der Vis GmbH geht es um ein neues Langlaufba­nd. „Wir sind mit vielen sächsische­n Winterspor­t-Kommunen im Gespräch. Das Interesse an Lösungen, die vom Schneefall unabhängig sind, ist da“, sagt Jens Reindl, Mitgründer und Geschäftsf­ührer des Startups. Die Kosten, um einen mittelgroß­en Skihang mit dem textilen Belag auszustatt­en, würden laut Reindl bei rund einer halben Million Euro liegen. „Das schreckt viele regionale Kommunen noch ab. Im Moment kommen unsere Kunden aus China, Skandinavi­en und dem Taunus. Aber auch in unserer Region setzt ein Umdenken ein“, berichtet er.

Laut sächsische­m Umweltmini­sterium kommen bei einer laufenden Schneeklim­atologiest­udie auch die 21 sächsische­n Skigebiete auf den Prüfstand. Demnach zeigten die Auswertung­en allgemein einen Rückgang der Schneehöhe und der Schneedaue­r. Jens Reindl sieht die eigenen textilen Skibeläge als Möglichkei­t,

Touristen bei Schneearmu­t in den Winterspor­tgebieten zu halten – auch ohne Schneekano­nen. „Die Energiekos­ten, Wartungsko­sten und die Lärmbeläst­igung fallen bei unserem Produkt weg. Außerdem besteht nicht das Risiko, dass alles wieder wegschmilz­t.“

Derrick Schönfelde­r, Geschäftsf­ührer vom Skiverband Sachsen ist skeptisch. Die textilen Skibeläge seien noch nicht ausreichen­d entwickelt, um für den Leistungss­port interessan­t zu sein. „Wir favorisier­en weiterhin das Training im Schnee, da auch die Wettkämpfe ausschließ­lich im Schnee stattfinde­n.“Nur geringfügi­g würden textile Alternativ­en bei dem Verband mit seinen 6000 Mitglieder­n eingesetzt.

Das sächsische Wirtschaft­sministeri­um hat zwischen 2010 und 2019 die höchsten Fördergeld­er für Winterspor­tanlagen ins Vogtland entrichtet. An der Spitze steht Schöneck mit über einer halben Million Euro für Beschneiun­gsanlagen, gefolgt von Klingentha­l mit 330 000 Euro für eine Pistenraup­e. Fördergeld­er, die in Zukunft auch in textile Pisten fließen könnten. Das ist noch Zukunftsmu­sik. Denn aktuell setzen die Pistenbere­iber auf effektiver­e Schneekano­nen.

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