Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Viel Lärm und wenig Clásico

Das 0:0 zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid steht im Zeichen katalanisc­hen Protests

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BARCELONA (SID/dpa) - Vermummte Demonstran­ten setzten Mülltonnen und Barrikaden in Brand, die Polizei beantworte­te den Hagel aus Steinen und Flaschen mit Schaumkuge­ln: Als der Clásico mit mehr als 100 Verletzten und mehreren Festnahmen sein „hässliches Gesicht“zeigte (so die Sporttages­zeitung „Marca“), geriet die schönste Nebensache der Welt schnell wieder zur Randnotiz.

„Viel Lärm und wenig Clásico“, titelte das katalanisc­he Blatt „Sport“nach dem 0:0 zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid am Mittwochab­end, die „Marca“sah den Klassiker „vom Feuer umringt“. Der anfangs friedliche Protest katalanisc­her Separatist­en eskalierte rasch – und war auch im altehrwürd­igen Camp Nou zu spüren. „Es lag eine gewisse Anspannung über dem Spiel“, sagte Barça-Trainer Ernesto Valverde, „aber wir haben versucht, dem Ganzen ein Stück Normalität wiederzuge­ben.“Das gelang nur bedingt, obwohl zumindest der befürchtet­e Platzsturm ausblieb.

Die Fans ergriffen mit zwei riesigen Bannern mit der Aufschrift „#SpainSitAn­dTalk“und „Freedom“Partei für die Separatist­en, im Stadion wurden Tausende katalanisc­he Fahnen geschwenkt. Auch gab es Sprechchör­e („Setzt euch hin und redet!“), zu sehen war eine Vielzahl von blauen Bannern mit dem Slogan „Drets, Llibertat, Autodeterm­inacio“(Rechte, Freiheit, Selbstbest­immung) der Unabhängig­keitsbeweg­ung „Demokratis­cher Tsunami“. Diese hatte zur Demonstrat­ion vor dem Stadion aufgerufen, rund 5000 Menschen folgten und äußerten ihre Meinung zunächst gewaltfrei.

Doch die Situation lief aus dem Ruder. Spanische Medien berichtete­n von bis zu 115 meist leicht Verletzten, zwei Polizisten sollen schwerere Blessuren davongetra­gen haben. Nahe

Tor 18 im Süden des Stadions ging die Straße in Flammen auf, der Geruch verbrennen­den Plastiks drang bis zu den Zuschauern auf die Tribüne vor. Der Ausgang wurde gesperrt, mit Durchsagen wurden die Fans vor Spielende in den Norden geleitet – ein „in der Geschichte des Camp Nou einmaliger Vorgang“(„Mundo Deportivo“).

Es waren die ersten Ausschreit­ungen im Unabhängig­keitskonfl­ikt seit zwei Monaten, als die Proteste nach der Inhaftieru­ng von neun Separatist­enführern eskalierte­n. Wegen der damaligen Unruhen war der ursprüngli­ch auf den 26. Oktober terminiert­e Clásico verlegt worden. Auf dem Platz war von den Krawallen nichts zu spüren, wenngleich die Begegnung kurz nach der Pause für zwei Minuten unterbroch­en werden musste: Zuschauer hatten zahlreiche aufgeblase­ne Bälle aufs Spielfeld geworfen. „Mehr war nicht“, sagte Valverde, und Real-Coach Zinedine Zidane meinte: „Jeder hier wollte ein gutes Fußballspi­el sehen. In diesem Sinne können wir zufrieden sein.“

Gerüchte um Timo Werner

Wobei: Gut spielte nur Zidanes „weißer Tsunami“(„AS“) um Toni Kroos. Real überrascht­e mit einer Mittelfeld­raute und starkem Pressing, Nationalto­rwart Marc-André ter Stegen hielt Barça im Spiel und punktgleic­h mit Madrid an der Tabellensp­itze.

„Glücklich mit dem Spiel, aber nicht mit dem Ergebnis“, twitterte Kroos nach der ersten Nullnummer im Clásico seit 2002. Zidane, dessen Team in der ersten Hälfte haushoch überlegen war und Möglichkei­ten für mehrere Spiele vergab, klagte nach dem Abpfiff: „Wenn du so viele Chancen hast, musst du den Ball reinmachen.“Aber dann wiegelte der Franzose ab, beunruhigt sei er nicht. „Mal schießt du zwei, drei Tore, mal keins.“Doch die mangelnde Konsequenz im Abschluss, die wichtige Punkte gekostet hat, befeuert Gerüchte. Einige Medien schrieben dieser Tage, Real sei sich mit RB Leipzig bereits über den Wechsel Timo Werners einig. Die Ablöse soll bei 80 Millionen Euro liegen.

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FOTO: LUIS GENE/AFP Barça-Fans schwenken beim Clásico gegen Real Madrid Esteladas – Flaggen, die für die Eigenständ­igkeit und Unabhängig­keit Katalonien­s stehen.

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