Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Angeklagter bricht vor Gericht zusammen
Urteil gegen Familienvater in Dreifachmordprozess fällt wohl am Montag – Haft für Söhne
Von Petra Rapp-Neumann
GELLWANGEN - Dramatische Wende im Prozess um den Sontheimer Dreifachmord, der seit Ende November im Ellwanger Landgericht verhandelt wird: Der angeklagte 55-jährige Familienvater ist nach den Plädoyers seiner beiden Verteidiger während der Beratungspause des Schwurgerichts zusammengebrochen. Er wurde von einem Notarzt medizinisch versorgt; die Kammer wird das Urteil gegen ihn am Montagvormittag verkünden. Seine Söhne wurden wegen Mordes und Beihilfe zum Mord zu 15 und neun Jahren Haft verurteilt. Ihr Vater war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Saal.
Der Angeklagte befinde sich in stationärer Behandlung, gab Richter Gerhard Ilg bekannt. Er sei optimistisch, dass der 55-Jährige bis Montag wieder verhandlungsfähig sei. Weil das Urteil Teil der Hauptverhandlung sei, dürfe er nicht in Abwesenheit verurteilt werden. Die Kammer trennte das Verfahren gegen den Orthopädiemechaniker aus Sontheim an der Brenz (Landkreis Heidenheim) daher ab. Das war zum ersten Punkt der Anklage, dem mutmaßlichen Mord am Ehemann der Tochter des Angeklagten, wegen der Aussage eines in Sizilien inhaftierten möglichen Komplizen bereits geschehen. In dieser Sache wird die Verhandlung im Januar fortgesetzt.
Den älteren Sohn sprach die Kammer des zweifachen Mordes schuldig. Zusammen mit seinem Vater habe er im Februar 2014 den Lebensgefährten seiner Schwester kaltblütig und heimtückisch erdrosselt und im Mai 2019 einen 59-Jährigen mit einer Plastiktüte erstickt. Von letzterem sollen der Vater und der ältere Sohn zunächst unter Androhung brutaler Gewalt Unterschriften unter Dokumente erpresst haben, die den Kauf von zwei Garagen belegen sollten. Damit hätten sie den Erben des Mannes „beweisen“wollten, ihm 130 000 Euro gezahlt zu haben.
Beide hatten die Taten gestanden. Den Einwand der Verteidigung, die bei der Polizei abgelegten Geständnisse
seien wegen des fehlenden Rechtsbeistands nicht verwertbar, ließ Ilg nicht gelten: „Es ist zulässig, auf einen Verteidiger zu verzichten. Und kriminalistisches Geschick seitens der Polizei ist auch erlaubt.“Die Öffentlichkeit habe ein Interesse an der Aufklärung der Taten. Beide Morde seien heimtückisch verübt worden.
Die Kammer, so Ilg, sehe in dem 33jährigen Sohn den „Thronfolger“, der zwar Anweisungen seines Vaters entgegennehme, doch aus eigenem Tatentschluss gehandelt habe. Ohne sein frühes Geständnis wären die Morde womöglich unaufgeklärt geblieben. Das kam ihm strafmildernd zugute. Die Kammer verurteilte ihn zudem wegen Computerbetrugs und ordnete die Einziehung der 15 500 Euro an, die der 33-Jährige vom Konto des toten Garagenvermieters abgehoben hatte.
Der 31-jährige Sohn sei dagegen nur ein Gehilfe beim Mord am Lebensgefährten seiner Schwester gewesen, ein Außenseiter, aber wie sein älterer Bruder vom Vater abhängig. Auch er müsse die Tat sühnen und werde im Gefängnis psychologische Hilfe erhalten, um nach der Haftentlassung ein straffreies Leben führen zu können. „Mir tut unheimlich leid, was geschehen ist“, sagte dieser Angeklagte, bevor sich das Gericht zur Beratung zurückzog. Auch sein Bruder und sein Vater hatten ihrer Reue Ausdruck gegeben.
Auch die Anwälte Fritz Döringer und Holger Bauer als Verteidiger des Vaters sahen das Mordmerkmal der Heimtücke für gegeben. Ob sein Mandant, so Döringer in seinem Plädoyer, den 59-jährigen Garagenbesitzer unnötig grausam gequält habe, sei nicht bewiesen. Dennoch sei er hart zu bestrafen. Er bat die Kammer, die körperlichen Gebrechen seines beinamputierten Mandanten zu berücksichtigen: „Ich verteidige keine Tat. Ich verteidige einen Menschen.“Bauer führte aus, sein während der Verhandlung scheinbar teilnahmsloser Mandant sei durchaus zu Mitgefühl fähig, habe er doch viele Jahre Prothesen hergestellt und Rollstühle repariert: „Es gibt nicht nur den Mörder. Es gibt auch den Menschen.“