Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Politiker mit Neonazi-Tätowierung verlässt die CDU
Austritt von Robert Möritz erspart der Union in Sachsen-Anhalt weiteren Ärger – Partei müht sich um Abgrenzung nach Rechtsaußen
MAGDEBURG (dpa) - Kann jemand mit einem Neonazi-Tattoo auf dem Arm Mitglied der CDU sein oder nicht? Diese bundesweit diskutierte Frage begann vor einer Woche mit einem einstimmigen „Ja“aus dem Kreisvorstand der CDU Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt und endet jetzt mit dem Austritt des umstrittenen Lokalpolitikers.
Am Freitag gab der 29 Jahre alte Robert Möritz all seine Parteifunktionen auf – und das Parteibuch zurück. Nur wenige Stunden zuvor hatte ihn die Landes-CDU um Parteichef Holger Stahlknecht aufgefordert, alle Verbindungen in die rechtsextreme Szene lückenlos offenzulegen und sein Neonazi-Tattoo zu entfernen. Dieses Prozedere erspart Möritz sich mit dem Austritt.
Die Personalie ist formal erledigt, der Schaden bleibt: Die Christdemokraten
in Sachsen-Anhalt müssen mit dem Vorwurf leben, ein weiteres Mal das Tor nach Rechtsaußen aufgestoßen zu haben. Immer wieder war seit den Sommermonaten der Richtungsstreit aufgeflammt, ob perspektivisch eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht besser wäre als die oft mühsame Kompromisssuche in der Koalition mit SPD und Grünen. Das finden die beiden Bündnispartner gar nicht witzig und lesen auch Vorstöße wie die letztlich gescheiterte Ernennung des Polizeigewerkschafters Rainer Wendt zum Innenstaatssekretär als Signal für ein Blinken nach rechts.
Die aktuelle CDU-Spitze in Bund und Land ist zwar vehement gegen eine Öffnung zur AfD – hat aber Mühe, die lauten Fürsprecher einzufangen. Auch der Versuch, den rechten Flügel über die Berufung Wendts zu befrieden, ging nach hinten los, verursachte Krach mit den Koalitionspartnern
und bundesweite NegativSchlagzeilen.
Wenige Wochen später wiederholt sich nun genau dieses Schema mit der Causa Möritz. Wieder müssen die Spitzenpolitiker der LandesCDU viel Kraft und Worte aufwenden, um den Eindruck zu korrigieren, es mangele an Abgrenzung nach Rechtsaußen.
„Hakenkreuze und CDU geht gar nicht“, sagt Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff. „Nazis haben keinen Platz in der CDU“, lässt die Bundespartei intern alle Landesverbände wissen. Es gebe keinen Rechtsruck und eine Zusammenarbeit mit der AfD bleibe ausgeschlossen, sagt Landesparteichef Holger Stahlknecht. Für Donnerstagabend trommelt er alle Kreischefs zusammen, um am Beispiel der Personalie Möritz die rote Linie in klare Worte zu fassen. „Die CDU Sachsen-Anhalt lehnt ohne Wenn und Aber jede
Form von Extremismus ab“, ist der Beschluss überschrieben, und dahinter versammeln sich alle Kreischefs. Darin wird klargestellt: Wer am Körper rechtsextreme Erkennungszeichen
oder NS-Symbole trägt oder einem rechtsextremen Verein angehört, kann nicht Mitglied der CDU sein. Das zielt sehr genau auf Möritz ab.
Inzwischen hat sich auch die CDU im Kreis Anhalt-Bitterfeld von ihrem Vorstandsmitglied abgewendet. Möritz’ Austritt sei richtig, sagt Verbandschef Matthias Egert. Damit komme er einem Ausschluss zuvor. „Was uns die Dinge jetzt anders bewerten lässt, ist vor allem die Salamitaktik, Dinge einzuräumen.“
Aus den CDU-Parteizentralen in Bund und Land wird der Austritt des Politikers, der ihnen so viel Ärger eingebrockt hat, mit Schweigen quittiert. Ob der Schock die Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt in ruhigeres Fahrwasser führt, muss sich zeigen. Wird sie bis zum Landtagswahltermin halten? „Die wird bis 2021 halten – zumindest ist das unser Wunsch“, sagt CDU-Chef Stahlknecht.