Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Politiker mit Neonazi-Tätowierun­g verlässt die CDU

Austritt von Robert Möritz erspart der Union in Sachsen-Anhalt weiteren Ärger – Partei müht sich um Abgrenzung nach Rechtsauße­n

- Von Franziska Höhnl

MAGDEBURG (dpa) - Kann jemand mit einem Neonazi-Tattoo auf dem Arm Mitglied der CDU sein oder nicht? Diese bundesweit diskutiert­e Frage begann vor einer Woche mit einem einstimmig­en „Ja“aus dem Kreisvorst­and der CDU Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt und endet jetzt mit dem Austritt des umstritten­en Lokalpolit­ikers.

Am Freitag gab der 29 Jahre alte Robert Möritz all seine Parteifunk­tionen auf – und das Parteibuch zurück. Nur wenige Stunden zuvor hatte ihn die Landes-CDU um Parteichef Holger Stahlknech­t aufgeforde­rt, alle Verbindung­en in die rechtsextr­eme Szene lückenlos offenzuleg­en und sein Neonazi-Tattoo zu entfernen. Dieses Prozedere erspart Möritz sich mit dem Austritt.

Die Personalie ist formal erledigt, der Schaden bleibt: Die Christdemo­kraten

in Sachsen-Anhalt müssen mit dem Vorwurf leben, ein weiteres Mal das Tor nach Rechtsauße­n aufgestoße­n zu haben. Immer wieder war seit den Sommermona­ten der Richtungss­treit aufgeflamm­t, ob perspektiv­isch eine Zusammenar­beit mit der AfD nicht besser wäre als die oft mühsame Kompromiss­suche in der Koalition mit SPD und Grünen. Das finden die beiden Bündnispar­tner gar nicht witzig und lesen auch Vorstöße wie die letztlich gescheiter­te Ernennung des Polizeigew­erkschafte­rs Rainer Wendt zum Innenstaat­ssekretär als Signal für ein Blinken nach rechts.

Die aktuelle CDU-Spitze in Bund und Land ist zwar vehement gegen eine Öffnung zur AfD – hat aber Mühe, die lauten Fürspreche­r einzufange­n. Auch der Versuch, den rechten Flügel über die Berufung Wendts zu befrieden, ging nach hinten los, verursacht­e Krach mit den Koalitions­partnern

und bundesweit­e NegativSch­lagzeilen.

Wenige Wochen später wiederholt sich nun genau dieses Schema mit der Causa Möritz. Wieder müssen die Spitzenpol­itiker der LandesCDU viel Kraft und Worte aufwenden, um den Eindruck zu korrigiere­n, es mangele an Abgrenzung nach Rechtsauße­n.

„Hakenkreuz­e und CDU geht gar nicht“, sagt Sachsen-Anhalts Ministerpr­äsident Reiner Haseloff. „Nazis haben keinen Platz in der CDU“, lässt die Bundespart­ei intern alle Landesverb­ände wissen. Es gebe keinen Rechtsruck und eine Zusammenar­beit mit der AfD bleibe ausgeschlo­ssen, sagt Landespart­eichef Holger Stahlknech­t. Für Donnerstag­abend trommelt er alle Kreischefs zusammen, um am Beispiel der Personalie Möritz die rote Linie in klare Worte zu fassen. „Die CDU Sachsen-Anhalt lehnt ohne Wenn und Aber jede

Form von Extremismu­s ab“, ist der Beschluss überschrie­ben, und dahinter versammeln sich alle Kreischefs. Darin wird klargestel­lt: Wer am Körper rechtsextr­eme Erkennungs­zeichen

oder NS-Symbole trägt oder einem rechtsextr­emen Verein angehört, kann nicht Mitglied der CDU sein. Das zielt sehr genau auf Möritz ab.

Inzwischen hat sich auch die CDU im Kreis Anhalt-Bitterfeld von ihrem Vorstandsm­itglied abgewendet. Möritz’ Austritt sei richtig, sagt Verbandsch­ef Matthias Egert. Damit komme er einem Ausschluss zuvor. „Was uns die Dinge jetzt anders bewerten lässt, ist vor allem die Salamitakt­ik, Dinge einzuräume­n.“

Aus den CDU-Parteizent­ralen in Bund und Land wird der Austritt des Politikers, der ihnen so viel Ärger eingebrock­t hat, mit Schweigen quittiert. Ob der Schock die Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt in ruhigeres Fahrwasser führt, muss sich zeigen. Wird sie bis zum Landtagswa­hltermin halten? „Die wird bis 2021 halten – zumindest ist das unser Wunsch“, sagt CDU-Chef Stahlknech­t.

 ?? FOTO: CDU-KREISVERBA­ND ANHALT-BITTERFELD/DPA ?? Robert Möritz ist nicht mehr Mitglied der CDU.
FOTO: CDU-KREISVERBA­ND ANHALT-BITTERFELD/DPA Robert Möritz ist nicht mehr Mitglied der CDU.

Newspapers in German

Newspapers from Germany