Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kampf um die halbe Schale
Leipzig oder Gladbach – nach zehn Jahren gibt es wieder einen neuen Herbstmeister
LEIPZIG (dpa/SID) - Es gibt da diese Wette aus dem Sommer zwischen Uli Hoeneß und Dietrich Mateschitz. In den kommenden drei Jahren, da ist sich der österreichische Brause-Milliardär sicher, wird RB Leipzig Meister. Der Einsatz ist übrigens ein Glas Bier. Hoeneß sollte sich schon mal mit dem Gedanken beschäftigen, bald am Zapfhahn zu stehen. Denn die Herbstmeisterschaft machen am Samstag eben Leipzig und Borussia Mönchengladbach unter sich aus.
Siebenmal in den letzten zehn Jahren stand der Herbstmeister am Ende auch an der Spitze. Für RB-Trainer Julian Nagelsmann wäre der inoffizielle Titel trotzdem nebensächlich. „Über die Mannschaft sagt das nicht viel aus. Und eine halbe Schale wird uns die DFL sehr wahrscheinlich nicht überreichen“, sagte Nagelsmann, der dann doch einen kleinen mentalen Vorteil ausmachte: „Psychologisch ist es schön, wenn man auf die Tabelle schaut und das eigene Logo oben ist. Es ist der Anreiz, dass man die Dinge selbst in der Hand hat. Wenn wir in der Rückrunde alle 17 Spiele gewinnen, stehen wir am Ende auf jeden Fall ganz oben.“17 Siege würden auch Erfolge gegen München und Dortmund beinhalten – diese blieben für Leipzig in der Hinrunde aber aus, beide Topspiele endeten mit einem Remis. Deshalb, sagte Nagelsmann etwas überraschend, „sind wir kein Meisteranwärter. Wir müssen gegen diese Teams gewinnen, sonst wird es schwer, am Ende vor ihnen zu stehen.“
Ein Sieg gegen den FC Augsburg heute (15.30 Uhr/Sky) genügt immerhin aufgrund der klar besseren Tordifferenz, um Verfolger Borussia Mönchengladbach auf Distanz zu halten. Die Schwaben sind im Aufwind, haben fünf der letzten sechs Spiele gewonnen und liegen bereits neun
Punkte vor den Abstiegsrängen.
Gladbach will seine starke Serie mit einem Sieg bei Hertha BSC (18.30 Uhr/Sky) krönen – und Leipzig mit etwas Glück noch die Herbstmeisterschaft streitig machen. „Wir haben in der Bundesliga bislang eine Menge erreicht. Aber wir wollen auch das letzte
Spiel gewinnen und hätten dann eine herausragende Hinrunde gespielt“, sagte Sportdirektor Max Eberl.
Klar ist bereits, dass der Winterkönig erstmals seit zehn Jahren weder Hoeneß' FC Bayern noch Borussia Dortmund ist – die Marktführer liegen üppige vier Zähler zurück. Die Bundesliga macht es also spannend wie lange nicht. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es in Sachen Punkte der schlechteste Herbstmeister seit 2011/ 12 wird. Damals holten die Bayern für sie magere 37 Zähler, danach hatte der Tabellenerste zur Halbzeit immer mindestens 40 Punkte.
Rangnick nicht nach Mailand
Von diesen Rechenspielchen hält Nagelsmann gar nichts. „Wir sollten nicht immer alles bewerten, sondern es einfach mal genießen“, sagte der 32Jährige: „Wenn Bayern mit 15 Punkten vorn ist, sagt jeder, wie langweilig das ist. Wenn Bayern nicht vorn ist, sagt jeder, wie schlecht die Qualität der Liga ist.“Das mag Nagelsmanns Wahrnehmung sein. Letztlich dürfte die Qualität der Liga nicht daran bewertet werden, wie viele Punkte der Meister hat, sondern wie weit die deutschen Teams im Europapokal kommen.
Selbst wenn Leipzig den HalbzeitTitel unerwartet gegen Augsburg verspielt, darf sich Mateschitz ein klein wenig freuen. Schließlich steht bei Gladbach Marco Rose an der Seitenlinie. Der ist nicht nur Leipziger, sondern war bis Sommer Trainer bei Red Bull Salzburg und damit Angestellter des Brause-Imperators. So wie auch Ralf Rangnick, Ex-Trainer von RB und derzeit globaler Fußballchef des RedBull-Konzerns, der laut „Bild“angeblich vor einem Engagement als Trainer und Sportdirektor des AC Mailand stehe. Die Italiener aber verwiesen das Gerücht ins Reich der Fabel.