Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Aufgespießt
Abgesehen vom Stadtbalkon will der Gemeinderat zwar alle wesentlichen Bausteine der Uferparkumgestaltung aus dem Siegerentwurf des Ideenwetbewerbs in die Planung übernehmen, ein bisschen haben wir aber den Eindruck, dass die Begeisterung für das Mammutprojekt nachgelassen hat. Selbst im Hinblick auf die hinter dem Gondelhafen geplanten Sitzstufen sind wir mittlerweile skeptisch und prophezeien, dass es auf eine abgespeckte Variante hinauslaufen wird. Die Netzwerk-Räte würde es freuen, denn die würden am liebsten so gut wie gar nichts verändern. Mit seinem Plädoyer für den Erhalt des Geländers auf der Ufermauer überzeugte Philipp Fuhrmann auch die SPD. Dass Heinz Tautkus dem Geländer einen „identitätsstiftenden“Charakter attestierte, halten wir aber doch für ein bisschen zu dick aufgetragen.
Wir denken, dass die Stadt sich die bisherige Arbeit, die Ausschreibungen, die Überstunden für Bürger-Info und vieles andere hätte sparen können, wenn jetzt doch die Traditionalisten daherkommen und alles so behalten wollen, wie es ist. Identitätsstiftend? Das heißt, die Mauer und das Geländer schaffen eine Identität. Wie armselig. Friedrichshafen sollte weder eingemauert noch hinter Gittern Identität suchen, sondern sich jung, attraktiv und damit weltoffen geben. Also Geländer weg, Mauer weg, neu machen.
Neu war für die Spießgesellen diese Woche, dass sich der Landrat direkt in öffentlicher Kreistagssitzung an sie wendet. „Da geht noch was, lieber Herr Landrat“, stand an dieser Stelle am 30. November geschrieben. Gemeint waren die Investitionen des Kreises in den ÖPNV. Das wollte Lothar Wölfle so nicht hinnehmen und empfahl den Spießgesellen, die eigene Zeitung zu lesen und sich über die Anstrengungen des Kreises zu informieren, etwa über die Zuschüsse für die dynamischen Fahrgastinformationen. Recht hat er, der Landrat, aber auch die Spießgesellen: 2,9 Millionen Euro pumpt der Kreis pro Jahr mehr in den ÖPNV. Beschluss vom Dienstag. Es ging also doch noch was, lieber Herr Landrat!
Warum sich Wölfle dabei ein Eigentor reinhämmerte, bleibt ein Rätsel. Mal wieder ein EBC-Fehltritt. Dass man nämlich die Einführung des 15-Minuten-Taktes auf der Seelinie seitens der Verwaltung an die Bedingung der Einführung der Echt-Bodensee-Card in Überlingen knüpfen wollte, war eine Schnapsidee. Und wurde von den Kreisräten als solche verworfen: Die EBC für Überlingen beschließt der Gemeinderat dort und sonst keiner. Klar fehlen jetzt 400 000 Euro für den Viertelstundentakt winters auf der Seelinie. Es wird Gespräche dazu geben. Wir wiederholen unsere Anfeuerung vom 30. November und richten sie an alle, die es betrifft: „Da geht noch was, liebe Damen und Herren ...“
Nix für ungut, sagt der Bayer. Die Entscheidung, Geld in den ÖPNV zu stecken, gilt es zu loben. Aus der CDU-Anfrage, was man mit einer Millionen Euro mehr für den ÖPNV erreichen kann, hat sich ein starkes, ausgewogenes Paket entwickelt, das von allen Fraktionen gelobt wurde. Als dann nach einem dreiviertel Jahr der Plan von Verwaltung und Bodo ausgearbeitet war, da hatte auch die SPD plötzlich eine geniale Idee: Lasst uns eine Million Euro in den ÖPNV stecken! Putzig.