Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Warnung aus der Daimler-Zentrale
„Nicht nur auf die Automobilindustrie verlassen“– IG-Metall-Chef sorgt sich um Zulieferer
STUTTGART/RAVENSBURG (dpa/ sz) - Der Umstieg auf Elektroautos ist vorrangiges Ziel der großen Hersteller in Deutschland. Doch die Transformation stellt nicht nur Daimler, Porsche oder BMW, sondern auch Zulieferer, etwa Bosch oder ZF in Friedrichshafen, vor Herausforderungen. Allein im Südwesten hängen gut 800 000 Jobs am Automotive-Bereich. Angesichts des Umbruchs empfahl nun Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth, man solle sich nicht nur auf diesen Industriezweig verlassen. „Klar ist, dass BadenWürttemberg
sicher gut beraten wäre, sich nicht die nächsten 100 Jahre nur auf die Automobilindustrie zu verlassen, was Wohlstand und industrielle Wertschöpfung angeht.“
Der 60-Jährige sagte, in der Automobilindustrie gebe es weltweit Firmen und Standorte. Die Frage, wo die Wertschöpfung angesiedelt werde, sei völlig offen. Welche Firmen am Ende des Transformationsprozesses besser oder schlechter dastünden, hänge von vielen Fragen ab. „Das wird sich in den nächsten Jahren herauskristallisieren“, erklärte Porth.
Betroffen ist nicht nur BadenWürttemberg. Große Zulieferer befinden sich auch in Bayern, etwa Schaeffler, Brose oder Leoni, oder Nordrhein-Westfalen. In diesen drei Bundesländern haben mehr als drei Viertel der deutschen Automobilzulieferer ihren Hauptsitz. Entsprechend hoch sind die Abhängigkeiten. Einen Vorgeschmack auf die weiteren Entwicklungen hatte es für ZF Anfang Dezember gegeben: Bei den Antrieben für seine künftigen Elektroautos setzt Daimler auf die eigene Produktion im Stammwerk in Stuttgart-Untertürkheim.
Der Antrieb für die erste Generation des Mercedes EQC kommt bislang noch von ZF.
Auch die Gewerkschaften sorgen sich. IG Metall-Chef Jörg Hofmann sieht Risiken vor allem für kleine und mittlere Zulieferer. Es gebe eine Gruppe von Unternehmen, die 75 Prozent und mehr Umsatz mit Komponenten des Verbrennungsmotors machten, sagte er. Betroffen seien insgesamt 300 000 Arbeitsplätze. Entsprechend kompliziert dürften sich die anstehenden Tarifverhandlungen gestalten.