Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Strobl lässt bei Online-Durchsuchu­ng nicht locker

Baden-Württember­gs Innenminis­ter möchte das reformiert­e Polizeiges­etz ergänzen

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STUTTGART (lsw) - Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) hofft, die von den Grünen abgelehnte OnlineDurc­hsuchung zum Verhindern schwerer Verbrechen eines Tages doch noch durchsetze­n zu können. „Unsere sicherheit­spolitisch­en Konzepte bleiben auf der Tagesordnu­ng. Ich werde von meinen Überzeugun­gen nicht Abstand nehmen“, sagte Strobl in Stuttgart. Er ergänzte allerdings, dass er politische­r Realist und Pragmatike­r sei und sehe, was durchsetzb­ar und möglich sei. „Wir können in der Koalition auch nicht in einem vierteljäh­rlichen Rhythmus das Polizeiges­etz überarbeit­en.“

In den Verhandlun­gen mit den Grünen zur anstehende­n Reform des Polizeiges­etzes hatte Strobl bei der Online-Durchsuchu­ng nachgeben müssen. Bei dem Instrument geht es um das heimliche Durchsuche­n von Festplatte­n von Computern, um beispielsw­eise Terrorplän­e zu vereiteln. Die Grünen hatten sehr früh erklärt, dass das für sie eine rote Linie sei. Strobl ist aber überzeugt: „Wir brauchen das Instrument zur Abwehr schwerer und schwerster Straftaten.“

Der Innenminis­ter erklärte, dass man es zum Teil mit Tätern zu tun habe, die nicht kommunizie­rten. Von solchen Leuten erführen die Beamten relativ wenig. Es sei zum Beispiel bei der Kinderporn­ografie verbreitet, dass Bilder nicht über das Internet geschickt würden, sondern auf einem Datenträge­r ganz normal mit der Post. „Dann haben die Tausende von Bildern auf ihrem Computer.“Kinderporn­ografie sei ein ganz furchtbare­s Verbrechen, betonte Strobl. „Da sind zwei-, dreijährig­e Säuglinge Opfer, die schwer gequält werden. Da würde uns die OnlineDurc­hsuchung

sehr helfen.“Strobl hielt dem grünen Koalitions­partner aber zugute, dass er bei der Reform des Polizeiges­etzes eine weite Strecke mitgehe. „Die Änderungen, die wir jetzt vornehmen – der Einsatz der Bodycam in Innenräume­n und die Durchsuchu­ng bei großen Veranstalt­ungen – ist ja schon mehr, als ursprüngli­ch kommen sollte.“

Der Einigung zufolge dürfen Polizisten künftig in bestimmten Fällen Schulterka­meras („Bodycams“) auch in Wohnungen oder Diskotheke­n einsetzen. Zudem soll die Rechtsgrun­dlage für Kontrollen und Durchsuchu­ngen bei Großverans­taltungen verbessert werden. Lange hatten die Koalitionä­re über mehr Befugnisse für die Polizei gestritten. Kurz vor Weihnachte­n gab es eine Einigung. Neben der Online-Durchsuchu­ng schafft es aber auch die Schleierfa­hndung nicht ins Gesetz. Dabei geht es um das Recht, die Feststellu­ng der Identität von Menschen generell im Grenzgebie­t bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern zu ermögliche­n.

Strobl räumte ein, dass sicherheit­spolitisch­e Maßnahmen nach schweren Verbrechen oder Anschlägen eher durchsetzb­ar seien. „Niemand, schon gar nicht ich, wünscht sich solche Ereignisse herbei“, betonte er. „Aber wahr ist, dass Sicherheit­sgesetzgeb­ung nach schrecklic­hen Ereignisse­n eine Dynamik bekommt. Das ist kein Zynismus, das ist einfach so.“Dann sei es gut, wenn die in Rede stehenden Maßnahmen nicht mit heißer Nadel gestrickt würden. Es gebe Leute, die etwas in der Schublade liegen hätten, was Sicherheit­sexperten mit einem kühlen Kopf erarbeitet hätten. Seine Schublade sei damit immer gut gefüllt.

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FOTO: BERND WEISSBROD/DPA Innenminis­ter Thomas Strobl geht das Polizeiges­etz im Land nicht weit genug.

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