Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Russen und Deutsche wollen weiterbauen G
Trotz US-Sanktionen soll durch die Pipeline Nord Stream 2 schon bald das erste Gas strömen
BERLIN/MOSKAU/WASHINGTON (dpa) - Mit aller Macht wollen die USA die für rund zehn Milliarden Euro schon fast fertig gebaute Ostseepipeline Nord Stream 2 noch stoppen. Sanktionen sollen das Großvorhaben, mit dem Russland seinen Einfluss auf dem europäischen Energiemarkt ausbaut, auf den letzten Metern verhindern. Milliarden wären verloren. Einige Fragen und Antworten:
Können die US-Sanktionen Nord G Stream 2 noch stoppen?
Das Betreiberkonsortium Nord Stream 2 hat nach den von US-Präsident Donald Trump unterzeichneten Sanktionen erklärt, dass der Bau mit den Partnern fortgesetzt werden solle. Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte am Sonntag, Nord Stream 2 werde fertig gebaut. Zudem werde Russland den USA gebührend antworten auf die Strafmaßnahmen. Wie genau, ist noch unklar. Aber Lawrow reagierte gewohnt gelassen und sagte, dass auch die ebenfalls im Sanktionspapier erwähnte türkische Leitung Turk Stream eh schon fertig sei. Künftige Projekte dürften es dennoch schwerer haben.
Wie weit ist das Vorhaben G
– und wie wäre es zu retten?
Die Schweizer Spezialfirma Allseas, die die Röhren am Boden der Ostsee verlegt, hat zwar ihre Arbeiten vorübergehend eingestellt. Der größte Teil ist aber fertig. Mehr als 2100 Kilometer Doppelstrang sind verlegt. Es fehlen noch etwa 300 Kilometer. Zur Jahresmitte soll das Gas fließen.
Was haben Deutschland und G Russland von der Leitung?
Für Berlin und Moskau ist die Pipeline gleichermaßen wichtig. Beide Seiten erinnern immer wieder daran, dass Russland schon zu Zeiten des Kalten Krieges zuverlässig Gas geliefert habe. Deutschland und Europa brauchen das russische Gas, um bei Energiepreisen wettbewerbsfähig zu sein. Zudem wächst gerade in Deutschland der Energiehunger wegen des Ausstiegs aus der Kohle- und der Atomenergie. Die Rohstoffgroßmacht Russland wiederum ist abhängig von den Einnahmen aus dem Gasverkauf, weil sich der Staatshaushalt dort zu großen Teilen aus den Rohstoff-Devisen speist.
Warum sind die Amerikaner und G viele europäische Staaten dagegen? Nord Stream 2 lehnen sowohl USPräsident Donald Trump als auch die Republikaner und die Demokraten im Kongress ab. Sie argumentieren, dass sich Deutschland in AbhänSie gigkeit von Russland begeben würde und dass der Kreml seinen Einfluss mit der Pipeline ausbaut. Trump warnte bereits vor Monaten, Deutschland könnte mit der Pipeline zur „Geisel Russlands“werden. Kritiker verweisen aber darauf, dass die USA eigenes Flüssiggas in Europa verkaufen wollen – das teurer als das russische Pipeline-Gas ist. EU-Staaten wie Polen stehen fest an der Seite der USA.
hoffen auf eine Schwächung Russlands durch den Wegfall der Devisen. Die Ukraine ist gegen Nord Stream 2, weil sie dadurch als wichtigstes Transitland für die EU an Bedeutung sowie Milliarden an Gebühren verliert.
Wie genau sehen die Strafmaßnahmen G in dem US-Gesetz aus? Die Sanktionen im „Gesetz zum Schutz von Europas Energiesicherheit“zielen auf die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe ab, mit denen die Rohre für die NordStream-2-Pipeline durch die Ostsee verlegt werden. Personen, die solche Schiffe zur Verfügung stellen, werden mit einer Einreisesperre belegt. Besitz und Vermögenswerte der betroffenen Personen und Firmen in den USA werden eingefroren. Die betroffenen Unternehmen werden außerdem nicht nur von Geschäften in den USA ausgeschlossen, sondern auch vom US-Finanzsystem.
US-Präsident Trump hat das Gesetz am Freitag unterzeichnet, damit trat es in Kraft. Zwar muss die US-Regierung dem Kongress erst nach 60 Tagen einen Bericht vorlegen, in dem Firmen und Personen genannt werden, gegen die Sanktionen verhängt werden. Die Maßnahmen gelten dann aber rückwirkend. Eine 30-tägige Übergangsfrist gilt nur, wenn Unternehmen überzeugend darstellen, dass sie ihre Arbeiten an dem Projekt abwickeln. Die Firma Allseas kündigte bereits an, die Arbeiten auszusetzen.
Wie abhängig ist Europa vom russischen G Erdgas?
Europa ist für Russland – trotz zunehmender Ausrichtung nach China – weiterhin der wichtigste Exportmarkt für Gas. Russlands Monopolist Gazprom, das größte Gasunternehmen der Welt, lieferte im vergangenen Jahr 201,8 Milliarden Kubikmeter Gas nach Europa. Das entsprach nach Gazprom-Angaben einem Anteil von 36,7 Prozent. Für Deutschland dürfte der Anteil nach Branchenschätzungen höher sein. Große Mengen Gas bezieht Deutschland aber auch aus den Niederlanden und aus Norwegen.