Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Behörden zählen weniger islamistis­che Gefährder

Anschlagsg­efahr aber weiterhin gegeben – Weihnachts­markt auf Breitschei­dplatz zeitweise geräumt

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BERLIN (dpa) - Kurz vor Weihnachte­n mag diese Zahl erst einmal ein wenig beruhigend klingen: Die Sicherheit­sbehörden stufen heute rund 100 Menschen weniger als so gefährlich ein, dass ihnen ein Anschlag zugetraut wird, als noch im Sommer 2018. Das Bundesinne­nministeri­um teilte auf Anfrage mit, die Zahl der sogenannte­n islamistis­chen Gefährder sei auf 679 gesunken. Im Juli 2018 wurden noch 774 Menschen in diese Kategorie eingestuft.

Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) warnte allerdings davor, daraus auch eine gesunkene Anschlagsg­efahr abzuleiten. In Deutschlan­d sind nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“unter Berufung auf das Bundeskrim­inalamt (BKA) seit dem Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt im Dezember 2016 neun Anschläge verhindert worden – zwei davon erst jetzt im November.

Dass von Entspannun­g noch keine Rede sein kann, zeigt auch ein Vorfall vom Samstagabe­nd: Die Polizei in Berlin räumte den Weihnachts­markt auf dem Breitschei­dplatz, wo der Attentäter Anis Amri vor drei Jahren zwölf Menschen getötet und

Dutzende verletzt hatte. Nun wurden zwei verdächtig­e Männer zunächst in Gewahrsam genommen, von einem möglicherw­eise gefährlich­en Gegenstand auf dem Weihnachts­markt war die Rede. Wenige Stunden später gab es Entwarnung. Die Männer wurden wieder freigelass­en, nachdem ihre Identitäte­n festgestel­lt worden waren. Wie am Sonntag bekannt wurde, leben sie in Berlin und gehören der salafistis­chen Szene an. Ob sie damit auch als islamistis­che Gefährder eingestuft werden, teilte die Polizei nicht mit . Ein gefährlich­er Gegenstand wurde laut Polizei nicht gefunden.

Als ein Beispiel für verhindert­e Anschläge wurde in der Vergangenh­eit der sogenannte Rizin-Fall von Köln genannt. Konkretere Angaben zu den in diesem November verhindert­en Anschlägen machte das BKA nicht. Im November war allerdings in Offenbach ein 24 Jahre alter mutmaßlich­er Islamist wegen möglicher Anschlagsp­läne festgenomm­en worden. Ein paar Tage später wurde in

Berlin ein 37-jähriger Syrer festgenomm­en, der sich im Internet über den Bau von Bomben informiert und ausgetausc­ht haben soll. In beiden Fällen dauern die Ermittlung­en an.

Der Leiter der BKA-Abteilung „Islamistis­ch motivierte­r Terrorismu­s/ Extremismu­s“, Sven Kurenbach, sieht einen möglichen Zusammenha­ng mit dem Tod von IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi. Die USA hatten Ende Oktober seinen Tod bekannt gegeben. Danach sei „in radikalisl­amistische­n Kreisen vermehrt zum Terror im Westen aufgerufen“worden, sagte Kurenbach.

Seit dem Anschlag vom Breitschei­dplatz im Dezember 2016 ist der Verfolgung­sdruck nach Ansicht des CDU-Innenexper­ten Armin Schuster gestiegen. Darin sieht er auch einen Grund für die gesunkene Zahl sogenannte­r Gefährder. Die Polizei zeige radikalen Islamisten über sogenannte Gefährder-Ansprachen heute früher und öfter, dass ihre Aktivitäte­n nicht unbeobacht­et blieben, sagte Schuster der Deutschen PresseAgen­tur. Auch Durchsuchu­ngen und Festnahmen würden inzwischen in einem früheren Stadium angeordnet.

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FOTO: GREGOR FISCHER/DPA Die Polizei hat am Samstagabe­nd den Berliner Weihnachts­markt am Breitschei­dplatz geräumt.

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