Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Geldgeschenke für Häuslebauer G
Die staatliche Förderbank KfW arbeitet daran, Immobilienkredite mit Minuszinsen vergeben zu können
Von Mischa Ehrhardt
FRANKFURT - Wer ein Bauvorhaben plant, hat in diesen Zeiten selten gute Voraussetzungen. Und die könnten sich sogar im kommenden Jahr noch ein bisschen verbessern. „Das ist natürlich interessant für die Leute, wenn sie sagen können, ich habe mir einen Kredit genommen und muss den nicht in voller Höhe zurückzahlen“, sagt Max Herbst von der FMH Finanzberatung in Frankfurt.
Hintergrund ist die Ankündigung der staatlichen Förderbank KfW, sich auf die Ausgabe von negativ verzinsten Baudarlehen einzustellen. „Für die KfW ist von Bedeutung, wie die Kreditnehmer bei ihren Investitionen vom gesunkenen Zinsumfeld profitieren insbesondere bei unseren Förderkrediten“, sagte KfW-Chef Günther Bräunig. „Deshalb schließe ich nicht aus, dass bei weiter sinkenden Marktzinsen Förderkredite von Bankkunden auch zu Negativzinsen aufgenommen werden können. Die KfW bereitet jedenfalls ihre Systeme darauf vor“.
Die Ankündigung hat für einige Schlagzeilen gesorgt. Denn im Klartext heißt das: Wer solche Förderkredite in Anspruch nimmt, wird künftig für diese Darlehen Geldgeschenke kriegen. Wenn man also beispielsweise einen Kredit von 100 000 Euro ausbezahlt bekommt, muss man nur einen kleineren Betrag zurückzahlen, weil monatlich ein Zinsbonus gutgeschrieben wird.
Möglich ist das, weil sich die KfW bereits seit rund drei Jahren Geld am Kapitalmarkt besorgen kann, ohne dafür Zinsen zahlen zu müssen – im Gegenteil: Auch sie profitiert von „Zinsgeschenken“. Denn Investoren betrachten die Anleihen der Bank als sicheren Hafen. Und um den zu nutzen, sind sie in geopolitisch stürmischen Zeiten wie diesen bereit, Gebühren zu bezahlen. Im Sommer konnte sich die KfW so zeitweise mit einem Zinssatz von minus 0,4 Prozent refinanzieren. Dass diese Situation sich so schnell nicht ändern wird, glauben die meisten Experten. Sie sehen die aktuelle Zinspolitik der Europäischen Zentralbank mit Nullund Minuszinsen für Banken auch für die kommenden Jahre voraus.
Da die KfW als Förderbank aber nicht in erster Linie an steigenden
Profiten interessiert ist, sondern daran, zu fördern, liegt es nahe, die günstigen Konditionen an die Endkunden weiterzugeben. Nur spielen da bislang die IT-Systeme nicht mit. Denn denen wurde nach gängiger volkswirtschaftlicher Lehre und Logik beigebracht, dass in einer ordentlichen Bankwirtschaft Negativzinsen nicht vorkommen. Deswegen stellt die KfW nun um, und rechnet damit, dass Banken und Sparkassen im Laufe des kommenden Jahres nachziehen werden. Für die Übergangszeit zwischen der alten und neuen Zinswelt soll eine Brückentechnologie helfen – Tilgungszuschüsse.
Denn über solche Zuschüsse lassen sich in einen Kredit faktisch ebenfalls negative Zinsen einrechnen. Auch andere Förderbanken wie die landwirtschaftliche Rentenbank arbeiten mit solchen Zuschüssen – die es bei der KfW im Übrigen auch schon seit Längerem gibt. Da Zinsen aber feiner zu steuern sind, will die KfW von dieser Praxis abrücken und das System auf (mögliche) Minuszinsen einstellen.
Bis negativ verzinste Darlehen für den Häuslebau aber bei den Verbrauchern ankommen, könnte noch einige Zeit vergehen. Denn die Förderkredite der KfW gehen immer über die Hausbanken der Kunden. Die wiederum dürfen auf die Kredite eine Bearbeitungsgebühr draufschlagen. Bei einem Baukredit für ein eigenes Haus liegt die Gebühr bei bis zu 0,75 Prozent. Privatkunden müssen also hoffen, dass der Konkurrenzkampf zwischen den Banken dazu führt, dass diese Gebühren möglichst klein gehalten werden. Kommunen dagegen könnten schon eher in den Genuss von Negativzinsdarlehen kommen, denn die können Kredite direkt bei der Förderbank abrufen.
Mit dem Hausbau zu warten, bis die Zinsen weiter – und vielleicht in den negativen Bereich fallen – davon rät Finanzberater Max Herbst aber ab. „Die Zinsen sind schon extrem niedrig und nahe an Null. Man sollte seine Entscheidung für oder gegen einen Kredit in dieser Zeit nicht davon abhängig machen, ob die noch einen Tick tiefer fallen könnten.“