Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Nach außen bieder, nach innen böse
Ellwanger Landgericht verurteilt 55-Jährigen wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft
ELLWANGEN - Einen Tag vor Heiligabend hat das Schwurgericht am Landgericht Ellwangen einen 55-jährigen Mann aus Sontheim an der Brenz (Landkreis Heidenheim) wegen zweifachen Mordes zur Höchststrafe verurteilt. Das Gericht verhängte lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung und stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist nicht absehbar, ob und wann der 55-Jährige jemals wieder auf freien Fuß kommt. Der Verurteilte nahm den Schuldspruch teilnahmslos entgegen. Ein weiteres Verfahren gegen ihn wegen eines weiteren Mordes läuft noch.
„Nach außen bieder, nach innen böse.“So umriss Richter Gerhard Ilg am Montag die Persönlichkeit des 55jährigen Familienvaters aus Sontheim, der seine beiden Söhne in seine Taten mit hineingezogen hatte. Sie wurden bereits am Freitag zu neun und 15 Jahren Haft verurteilt. Der Vater hatte während der vergangenen Verhandlung einen Schwächeanfall erlitten, deshalb konnte sein Urteil nicht verkündet werden. In seiner einstündigen Urteilsbegründung umriss Gerhard Ilg noch einmal die Tatumstände des Mordes am Lebensgefährten der Tochter des 55Jährigen, der sich am 31. Oktober 2014 in Sontheim an der Brenz ereignete. Arg- und wehrlos sei der junge Mann erdrosselt, der Leichnam eingefroren und später zersägt worden.
Mord nach Mietstreit
Die Leichenteile wurden in Fässern einbetoniert und nach Sizilien, in die Heimat der Familie, gebracht. Die Fahrt im Frühjahr 2015 ist nachgewiesen. Gefunden hat man in einem Wald nahe der sizilianischen Provinzhauptstadt Enna bisher nichts. Doch es gibt übereinstimmende Geständnisse des Vaters und der Söhne. Die Dämme brachen, als der ältere Sohn bei der Polizei auspackte. Er brachte den Ball ins Rollen.
Dieser heimtückische Mord allein, betonte Ilg, hätte nicht ausgereicht, um die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Doch der Mord an dem 59-jährigen Sontheimer
Garagenbesitzer und Grundstückseigentümer am 11. Mai 2019 kommt hinzu und wiegt schwer. Das Opfer wurde ermordet, weil man sich über die Miete für eine zweite Garage nicht einig wurde. Der Mann wurde mit Ohrfeigen zu Boden gestreckt, mit einem Seil gewürgt, um ihm Unterschriften abzupressen, und musste über eine Stunde an einen Stuhl gefesselt verharren, während Vater und Sohn die Gefriertruhe herbeischafften.
Niemand weiß, ob der 59-Jährige bereits ohnmächtig war, als seine Mörder ihn erstickten. Dann zerstückelten sie auch dessen Leiche. Im Garten fand die Polizei später Leichenteile. Selbst der erfahrene forensische Psychiater Peter Winckler und die Rechtsmedizinerin waren erschüttert von der Tat, Richter Ilg sprach von Verrohung. Leid tue dem Verurteilten nur, für seine Familie nicht mehr als Ernährer sorgen zu können.
Die Sicherungsverwahrung erklärte Ilg als Präventivmaßnahme zum Schutz der Allgemeinheit und um einer eventuellen Revision zuvorzukommen. Sollte der Bundesgerichtshof das Urteil in eine zeitliche Freiheitsstrafe umwandeln, könne keine Sicherungsverwahrung mehr angeordnet werden.
Therapeutisch sei der Mörder aus Sontheim derzeit nicht zu erreichen. Vielleicht, so Gerhard Ilg, werde das ganz am Ende der Sicherungsverwahrung möglich sein. Es wäre falsch, ihn einfach wegzusperren und nichts zu tun. Erst wenn von diesem „biederen und bösen“Mann keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit ausgehe, könne man ihn in ein Leben in Freiheit entlassen. Eines Tages, vielleicht.
Die Ermittler waren den drei Verurteilten nach den Taten auf die Schliche gekommen, da diese Fehler gemacht hatten. Dazu gehört der in schlechtem Deutsch abgefasste Brief an den Arbeitgeber des Garagenbesitzers, der dessen Auswanderung nach Thailand belegen sollte, und auch das mehrfache Geldabheben am Automaten mit der EC-Karte des Toten. Die Videoüberwachung identifizierte den 33-jährigen Sohn.
Das Verfahren gegen den Vater wegen des dritten Mordes am Ehemann der Tochter soll im Januar fortgesetzt werden. Die drei Bluttaten wurden 2008, 2014 und 2019 verübt.