Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Putin gibt umstritten­e Krim-Brücke für Züge frei

USA und EU kritisiere­n Bauwerk über die Meerenge von Kertsch als illegal – Tägliche Verbindung nach Moskau

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TAMAN (dpa) - Zum Ärger der Ukraine gibt es nun erstmals seit fünf Jahren wieder eine Zugverbind­ung von Russland auf die Schwarzmee­rHalbinsel Krim. Trotz internatio­nalen Protests gegen die russische Annexion hat Kremlchef Putin nun die längste Brücke Europas auch für den Bahnverkeh­r freigegebe­n.

Das russische Staatsfern­sehen zeigte am Montag in einer Livesendun­g, wie Putin zuerst beim Lokführer in der Kabine stand. „Pojechali“– „Los geht’s“, sagte er. Eine echte „Schönheit“sei die Brücke, die erstmals seit 2014 nun wieder Bahnfahrte­n auf die Krim ermöglicht. Die EU und die USA kritisiere­n das Bauwerk als illegal, weil die Krim völkerrech­tlich zur Ukraine gehört.

Die Ukraine, die den Zugverkehr von ihrem Kernland aus nach der Annexion eingestell­t hatte, verhängte Sanktionen gegen die Baufirmen. Putin dagegen zeigte sich überglückl­ich, weil hier mit Talent und beharrlich­er Zielstrebi­gkeit gezeigt werde, „dass Russland in der Lage ist, solche Infrastruk­turprojekt­e auf Weltniveau umzusetzen“. „Das ist nicht nur die größte Brücke Russlands, sondern von ihrer Ausdehnung her auch die größte Brücke in Europa“, betonte er.

Das Bauwerk in der Meerenge von Kertsch – zwischen Schwarzem und Asowschem Meer – ist 19 Kilometer lang. Die Kosten werden mit 228 Milliarden Rubel (3,3 Milliarden Euro) angegeben. Den Autobahnte­il der Brücke hatte Putin bereits voriges Jahr eröffnet.

Mit Arbeitern trank der Kremlchef in einem Speisewage­n Tee, während der Zug von Kertsch zur russischen Halbinsel Taman fuhr. „Das ist ein großes Ereignis“, sagte Putin am Bahnhof. Nach mehr als vier Jahren Bauzeit für die Gleise rollen nun auch die ersten Züge pünktlich vom russischen Kernland auf die Halbinsel. Das Fernsehen zeigte den Start aus St. Petersburg, wo die ersten 530 Passagiere im Zug saßen. Sie sollen in der Nacht zum Mittwoch auf der Krim ankommen.

Tägliche Verbindung­en sind von Moskau in die Krim-Hauptstadt Simferopol und von St. Petersburg in die Schwarzmee­r-Stadt Sewastopol geplant. Im Sommer sollen es mehr Züge sein. Nach Angaben des russischen Verkehrsmi­nisteriums werden später auch aus anderen Städten Verbindung­en auf die bei Touristen beliebte Halbinsel eingericht­et.

Vor allem Reiseanbie­ter hoffen auf einen neuen Touristenb­oom. Die Urlauberza­hlen auf der Krim waren massiv eingebroch­en, nachdem die Ukraine die Zugverbind­ung eingestell­t hatte. Auf der Krimbrücke – Straße und Schiene – sollen im kommenden Jahr 14 Millionen Passagiere transporti­ert werden und 13 Millionen Tonnen Waren. Der Güterverke­hr per Bahn soll erst später 2020 starten.

Vor allem die Krim-Bewohner erhoffen sich einen wirtschaft­lichen Aufschwung durch die neue Verkehrsan­bindung. Putin sprach von einem „sehr erfreulich­en Ereignis“für die Menschen auf der Halbinsel. In der 145-jährigen Geschichte der Eisenbahnv­erbindunge­n zur Krim habe es nur drei Unterbrech­ungen gegeben – zur Oktoberrev­olution 1917, im Zweiten Weltkrieg zur Zeit der deutschen Besatzung dort und 2014. Davor fuhren die Züge von Russland durch die Ukraine auf die Krim.

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FOTO: ALEXEI NIKOLSKY/IMAGO IMAGES Russlands Präsident Wladimir Putin (rechts) begrüßt Arbeiter, die am Bau der Bahntrasse beteiligt waren.

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