Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Todesurteile im Fall Khashoggi
Saudi-Arabien verhängt Höchststrafe für fünf Männer
Von Johannes Schmitt-Tegge
GRIAD (dpa) - Der Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi hat Saudi-Arabien international viel Kritik eingebracht – nun hat ein Strafgericht in dem Königreich fünf Angeklagte in dem Fall zum Tode verurteilt. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Riad am Montag mit. Drei weitere Angeklagte wurden wegen „Verschleierung des Verbrechens“zu Haftstrafen von insgesamt 24 Jahren verurteilt.
Khashoggi war am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Spezialkommando aus Riad brutal getötet worden, als er Papiere für seine geplante Hochzeit mit Hatice Cengiz abholen wollte. Die saudische Regierung hat den Mord eingeräumt. Kronprinz Mohammed bin Salman, der faktische Herrscher Saudi-Arabiens, bestritt aber, die Tötung selbst angeordnet zu haben. In einem Tweet des saudischen Außenministeriums hieß es nun, Khashoggi möge „in Frieden ruhen“.
„Die Ermittlungen haben gezeigt, dass es zunächst keine Absichten zum Mord gab“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Erst als der Leiter des „Vermittlungsteams“im Konsulat erkannt habe, dass er die „Verhandlungen“mit Khashoggi nicht an einem „sicheren Ort“fortsetzen könne, sei es zum Mord gekommen. Die Entscheidung, den Kolumnisten der „Washington Post“zu töten, sei erst im Konsulat gefallen.
Der Vertraute des Kronprinzen und hochrangige Regierungsmitarbeiter Saud al-Kahtani war zuvor beschuldigt worden, die Tat mit organisiert zu haben. Laut Staatsanwaltschaft wurde er befragt, mangels Beweisen
für eine Verwicklung dann aber nicht angeklagt. Auch Mohammed al-Otaibi, saudischer Generalkonsul in Istanbul zur Zeit des Mordes, sei nicht angeklagt worden. Augenzeugen hätten bestätigt, dass er an besagtem Tag freihatte.
Der Prozess gegen elf saudische Männer in Riad endete nun nach zehn Anhörungen. Khashoggis zwei Söhne und ihre Anwälte sowie Vertreter der fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat und der Türkei erschienen zu den Anhörungen. Gegen alle Urteile kann Berufung eingelegt werden. Die Namen der Verurteilten werden erst veröffentlicht, wenn die Urteile endgültig sind.
Die UN-Sonderberichterstatterin für den Fall kritisierte die Urteile scharf. „Die Drahtzieher sind nicht nur auf freiem Fuß. Sie sind von den Ermittlungen und dem Prozess kaum berührt worden. Dies ist das Gegenteil von Gerechtigkeit. Es ist eine Farce“, schrieb Agnès Callamard bei Twitter. „Zu suggerieren, dass die Mörder spontan entschieden, (Khashoggis) Körper zu zerstückeln, ist vollkommen lächerlich. Verstümmelung erfordert ein Mindestmaß an Planung.“