Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Melnikow spielt Prokofjew
Der Pianist Alexander Melnikow, der in jungen Jahren Swjatoslaw Richter bei dessen Auftritten in französischen Scheunen begleitete, spielt für Harmonia Mundi eine Gesamtaufnahme der Klaviersonaten Sergej Prokofjews ein. Dabei geht er nicht chronologisch vor, sondern stellt Werke unterschiedlicher Schaffensperioden zusammen. Die CD wird zum Konzert. Und bringt zudem Bekannteres mit nahezu Unbekanntem zusammen.
Manche dieser Sonaten, die auf der neuen CD zu hören sind, werden ganz selten in Konzerten gespielt. Die Vierte entspricht nicht der Vorstellung eines virtuosen Stücks, auf die Prokofjew in der gängigen Konzertpraxis festgelegt ist. Diese Fokussierung ist zugleich eine Festlegung auf die Interpretationen Richters, vor allem bei der bekanntesten „Kriegssonate“Nr. 7 von 1943, die Richter uraufgeführt hat.
Die 9. und letzte Sonate ist wieder ein leiseres Stück. Prokofjew hat es Richter gewidmet und ihn eigens ermahnt, es sei nicht gedacht, „den Saal des Konservatoriums zu erschüttern“. Denn Richters Interpretationen unterschieden sich von Prokofjews Vortrag seiner eigenen Werke durch ein fulminantes Spiel und herben Klang. Melnikow führt beides zusammen. Er vereint die Virtuosität der perkussionistischen Passagen und hat zugleich einen wachen Sinn für Farbigkeit, Poesie und Kantabilität. Bei ihm hört man Prokofjew ungewohnt vielfältig und klanglich differenziert. (man)