Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Sturz, Verbrennun­g, Verschluck­en

So handeln Eltern richtig, wenn sich die Kinder verletzen – und wie sie Gefahren im Haushalt mindern können

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GGERMERING (dpa) - Sie flitzen über den Spielplatz, klettern zielsicher auf Gerüste, von denen sie kaum mehr runterkomm­en, wollen alles probieren, das sich ihnen anbietet und müssen unbedingt wissen, ob dieser große Topf da auf dem Herd wirklich so heiß ist wie Mama gesagt hat: Wenn Kinder die Welt entdecken, tun sie sich manchmal weh. Das ist nicht weiter schlimm und gehört zu den normalen Lernerfahr­ungen des allmählich­en Erwachsenw­erdens In manchen Situatione­n ist es aber wichtig, dass Eltern wissen, was zu tun ist.

Das Kind fällt vom Kletterger­üst Ein Schock für jedes Elternteil. So tief wie Kinder dabei manchmal stürzen, rechnet man mit dem Schlimmste­n. Steht das Kind nach dem ersten Schreck einfach wieder auf und verhält sich normal, ist in der Regel alles in Ordnung. In den kommenden Stunden sollten Eltern aber auf fünf Alarmsympt­ome achten, erklärt Janko von Ribbeck, der ein Buch über Erste Hilfe bei Kindern geschriebe­n hat.

Wenn sich das Kind erbricht, Kopfweh hat, aus einem Ohr blutet, abwesend wirkt oder sehr schläfrig ist, könnte das auf ein Schädel-Trauma hindeuten. In dem Fall sollten Eltern ihr Kind im Krankenhau­s untersuche­n und 48 Stunden lang überwachen lassen. In Panik verfallen muss man aber nicht, sagt von Ribbeck. „Ein Kind, das aus dem Kinderwage­n, Sofa oder Bett fällt, zieht sich normalerwe­ise keine schwere Kopfverlet­zung zu.“

GVon Teresa Nauber

Das Kind hat eine Platzwunde

Es gehört zu den großen Rätseln der Elternscha­ft, warum Kinder so häufig zielgenau auf eine Kante fallen. Die Folge ist eine Platzwunde, aus der das Blut manchmal regelrecht herausspru­delt. Klassische Körperteil­e: Stirn, Kinn, Augenbraue. Solche Wunden verheilen nicht von allein, Eltern haben aber ein gewisses Zeitfenste­r, bis die Wunde genäht oder – heute häufiger – geklebt werden muss. „Nach sechs Stunden sollte man in der Kinderklin­ik sein.“Bis dahin können Eltern ein sauberes

GTuch auf die Wunde drücken oder einen Verband anlegen.

Das Kind verbrennt oder verbrüht sich

Meist ist es heißes Wasser aus dem Kochtopf oder der Teekanne, an dem sich kleine Kinder verbrühen. Kleinere Wunden halten Eltern dann am besten fünf bis zehn Minuten lang unter kaltes Wasser, erklärt von Ribbeck. Kleidung muss ausgezogen werden. „Dabei bitte die Windel nicht vergessen.“Stoff, der festklebt, sollte allerdings nicht entfernt, sondern

Ggegebenen­falls umschnitte­n werden, empfiehlt die Stiftung Warentest in einem Ratgeber zu Erster Hilfe bei Kindern. Geht eine Brandblase auf, muss sie immer medizinisc­h versorgt werden, weil sich die offene Wunde entzünden könnte. In dem Fall muss das Kind ins Krankenhau­s.

Das Kind hat etwas potenziell Giftiges getrunken oder gegessen Kinder sind neugierig. Steht irgendwo eine Putzflasch­e mit einer lustig bunt aussehende­n Flüssigkei­t herum, nippen sie schon mal daran. Beobachten Eltern so etwas, sollten sie als erstes beim Giftnotruf unter der Nummer +49 30 19240 anrufen. Dort kann man angeben, was das Kind geschluckt hat und bekommt genaue Anweisunge­n, was zu tun ist. Was immer hilft: ein Glas Wasser zu trinken geben - aber keine Milch. Zum Erbrechen bringen sollte man das Kind ebenfalls nicht.

Tipp zur Vorbeugung: Manche Putzmittel enthalten einen speziellen Bitterstof­f namens Bitrex. Er sorgt dafür, dass das Kind das Mittel sofort wieder ausspuckt.

GDas Kind hat in eine Steckdose gefasst

Ein Unfall, der sich mit Sicherheit­skappen eigentlich leicht verhindern lässt, leider aber trotzdem vorkommt: In Wohnungen, in denen die Steckdosen offen sind und häufig in komfortabl­er Krabbelhöh­e liegen, bekommen Kinder manchmal einen Stromschla­g. Als erstes sollten Eltern dann die Sicherung herausnehm­en, erklärt die Stiftung Warentest. Hängt das Kind an der Stromquell­e

Gfest, weil sich die Muskeln verkrampft haben, darf man es nur mit Hilfe eines Gegenstand­s lösen, der Strom nicht leitet – zum Beispiel Holz oder Gummi. Elektrounf­älle sind immer Notfälle. Eltern müssen die Nummer 112 anrufen und das Kind dann beruhigen.

Das Kind verschluck­t sich

Von Ribbeck zufolge sind dies die gefährlich­sten Situatione­n: Das Kind hat eine Nuss, ein Bonbon oder Stück Apfel verschluck­t, und es bleibt stecken. „Das kann lebensgefä­hrlich sein“, betont der Experte. „Jedes Elternund Großeltern­teil muss sofort handeln können.“Säuglinge, die den Kopf noch nicht halten können, legt man auf den Rücken und drückt fünf Mal hintereina­nder fest auf die Mitte des Brustkorbs. Ein älteres Baby legt man bäuchlings über den eigenen Oberschenk­el und klopft fest fünf Mal zwischen die Schulterbl­ätter. Der Gegenstand sollte dann wieder herausfall­en.

Auch bei Kindern über einem Jahr versucht man es zunächst so. Klappt das nicht, wendet man bei diesen Kindern den sogenannte­n HeimlichHa­ndgriff an, den wirklich jeder beherrsche­n sollte: Man legt die Arme von hinten um den Oberkörper, platziert die Hände zu Fäusten geballt am Oberbauch des Kindes, wo der Solarplexu­s sitzt. Dann zieht man die Fäuste ruckartig zu sich heran und presst damit die Restluft aus der Lunge heraus. Niemand sollte Angst haben, dabei etwas kaputt zu machen. Ehe ein Rettungswa­gen da ist, vergeht häufig zu viel Zeit, betont von Ribbeck. Bis dahin könnte das Kind bereits erstickt sein.

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FOTO: GABBERT Klassiker des Unfalls im Haushalt: Die Kanne steht an der Tischkante. Nur mit den Finger erreicht das Kind den Henkel – im schlimmste­n Fall ergießt sich der heiße Inhalt über dem Kind und verbrüht es.

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