Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Neue Tempolimit-Initiative
SPD wirft Verkehrsminister Blockadepolitik vor
BERLIN (AFP) - Mehrere Politiker der SPD haben Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in der Debatte über ein Tempolimit Blockadepolitik vorgeworfen. „Ein Tempolimit auf unseren Autobahnen ist gut für den Klimaschutz, dient der Sicherheit und schont die Nerven der Autofahrer“, erklärte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken in Berlin. Scheuer lehnt selbst eine Diskussion über eine Geschwindigkeitsbegrenzung ab. Scheuer sei „nicht in der Position, im Alleingang die Angelegenheiten der Koalition zu regeln“, erklärte dazu Esken. Die SPD werde im neuen Jahr auf Gespräche über das von ihr geforderte Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen dringen. „Eine allgemeine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 130 kostet keinen Cent und spart aufs Jahr gerechnet je nach Berechnung zunächst zwischen einer und zwei Million Tonnen CO2“, sagte auch Fraktionsvize Matthias Miersch.
BERLIN (dpa) - Das Thema lässt die wenigsten kalt: Sollte es auf Autobahnen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 Kilometern pro Stunde geben? Die SPD meint: ja. Vom Verkehrsminister kommt eine Abfuhr – und von seinem Ministerium ein nicht ganz treffsicherer Tweet.
„Ein Tempolimit auf unseren Autobahnen ist gut für den Klimaschutz, dient der Sicherheit und schont die Nerven der Autofahrer“, sagte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken. „Und deshalb werden wir darüber auch im neuen Jahr wieder sprechen.“Außerhalb Deutschlands sei ein Tempolimit der Normalfall. „Nur die CSU macht noch so einen unbegreiflichen Bohei draus.“Die SPD hat eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 Kilometern pro Stunde als eines der Themen für zusätzliche Vorhaben genannt, über das sie nun mit der Union sprechen will.
Zuvor hatte Verkehrsminister Andreas Scheuer vor einer neuen Debatte über ein Tempolimit gewarnt. „Wir haben weit herausragendere Aufgaben als dieses hoch emotionale Thema wieder und immer wieder ins Schaufenster zu stellen – für das es gar keine Mehrheiten gibt“, sagte der CSU-Politiker. Es gebe ein funktionierendes System der Richtgeschwindigkeit. Rund ein Drittel der Autobahnen habe schon Tempobeschränkungen. Die meisten Unfälle passierten auf Landstraßen.
Sein Ministerium schaltete sich auf Twitter mit einem Scheuer-Zitat ein, wonach der Verkehr in Deutschland „bestmöglich fließen“solle. Bei Lesern löste das reichlich Spott aus – denn das beigefügte Foto zeigte die
Autobahnausfahrt im schweizerischen Thalwil. Auf Schweizer Autobahnen gilt indes ein Tempolimit von 120 Stundenkilometern.
Scheuer hatte betont: „Der Bundestag hat vor ein paar Wochen abgestimmt und ein Tempolimit mit überwältigender Mehrheit abgelehnt.“Er fügte hinzu: „Wir sollten intelligent steuern. Es geht um bessere Verkehrsbeeinflussung und Verkehrslenkung durch digitale Systeme.“Damit könne man den Verkehr an neuralgischen Stellen punktgenau steuern. „Es ist ein Unterschied, ob nachts die Strecke frei ist oder man am Freitagnachmittag kurz vor Weihnachten auf einem hoch belasteten Abschnitt fährt.“
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Thomas Bareiß (CDU), wandte sich ebenfalls gegen ein Tempolimit. „Ich sehe weder den fachlichen noch den politischen Sinn dieser Debatte“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Deshalb ist das generelle Tempolimit mit CDU und CSU auch nicht zu machen.“
Die Koalition hatte im Zuge der Klimaschutz-Beratungen bereits über ein Tempolimit diskutiert, die Union erteilte dem aber eine Absage. Erst im Oktober scheiterten die Grünen im Bundestag mit einem Vorstoß zur Einführung von Tempo 130. Dafür positionierten sich 126 Abgeordnete, dagegen 498, sieben enthielten sich. Auch die meisten SPD-Abgeordneten stimmten dagegen, wie es in Koalitionen bei Oppositionsanträgen allerdings üblich ist.
Auf dem Großteil der Autobahnen gilt nach wie vor freie Fahrt. Ohne Tempolimit sind 70 Prozent des Netzes. Dauerhaft oder zeitweise geltende Beschränkungen mit Schildern gibt es auf 20,8 Prozent des Netzes, wie aktuelle Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen für 2015 zeigen – am häufigsten sind Tempo 120 (7,8 Prozent) und Tempo 100 (5,6 Prozent). Dazu kommen variable Verkehrslenkungsanzeigen.
Unabhängig davon gilt seit mehr als 40 Jahren eine empfohlene Richtgeschwindigkeit von 130. Schaut man sich eine EU-Karte an, ist Deutschland ein „weißer Fleck“– überall sonst gibt es nach einer Übersicht des Autofahrerclubs ADAC Tempobeschränkungen.