Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bei Tarifverhandlungen soll es zügig weitergehen
Verdi sieht „freundlichen Auftakt“, doch fehle Konkretes – Stiftung: Tarif soll „passgenau, fair und zukunftsfähig“sein
Von Roland Weiß
GLIEBENAU/SCHEER - Wie geplant haben am Donnerstag die Tarifverhandlungen zwischen der Stiftung Liebenau und der Gewerkschaft Verdi begonnen. Im Fokus: das gegenseitige Kennenlernen, die Verständigung auf Spielregeln, die Standpunkte samt Forderungspaket rund um die Liebenau Leben im Alter gGmbH und das weitere Vorgehen. Die zweite Runde steht am 23. Januar an.
Als Ort für die erste Verhandlung wurde das Haus der Pflege St. Wunibald in Scheer gewählt. Seit neun Jahren wird es von der heutigen Liebenau Leben im Alter gGmbH betrieben. Sowohl von der Pressestelle der Stiftung Liebenau als auch von Verdi liegen Berichte zum Verhandlungsauftakt vor – letztere als Tarif-Info, die die Gewerkschaft an alle Beschäftigten von Liebenau Leben im Alter gerichtet hat. Zudem wies Gewerkschaftssekretär Benjamin Andelfinger (Verdi Oberschwaben) als Mitglied der Verhandlungskommission darauf hin, dass sich vor dem Treffen spontan rund 20 Beschäftigte in Scheer eingefunden hätten. Mit einem Plakat mit der Aufschrift „Wir sind bereit, auf Augenhöhe zu verhandeln“sei die Arbeitgeberseite freundlich begrüßt worden – zugleich eine Rückenstärkung für „unsere Verhandlungskommission“, wie es bei Verdi heißt.
Für die Vorstandschaft der Stiftung Liebenau habe einleitend Prälat Michael H.F. Brock seine Grüße und Wünsche überbracht.
Von Seiten von Verdi heißt es: „Wir haben nach der Darlegung unseres Forderungspaketes eingehend erläutert, was die Beschäftigten erwarten und dass mindestens das Niveau wie bei den Beschäftigten der Stiftung Liebenau als Ergebnis rauskommen muss. Die Beschäftigten haben jahrelang gewartet und verzichtet, sodass LiLA nun bereit sein muss, die Beschäftigten endlich an den positiven Jahresergebnissen auch teilhaben zu lassen.“Was Andelfinger zufolge für rund 750 Menschen in 19 Häusern zutrifft.
Als Hauptforderung hebt er hervor, „das Niveau vom TVöD mindestens zu erreichen“. Unter anderem sei damit eine Wochenarbeitszeit von 39 Stunden (derzeit 40) verbunden, eine Fünf-Tage-Woche (derzeit 5,5, womit auch echte 30 Tage Urlaub gefordert würden), eine betriebliche Altersvorsorge im Volumen von rund acht Prozent (statt drei) oder auch Zuschläge und Zulagen nach TVöD, die deutlich darunter liegen.
Laut Verdi sei das Forderungspaket von den Arbeitgebern als „wirtschaftlich nicht abbildbar“bewertet worden, ohne dass konkrete Gegenvorschläge vorlägen – wobei stets die Zielrichtung der Stiftung spürbar sei, dass LiLA wettbewerbsfähig bleibt. „Daher lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht ermessen, wie groß die Differenz zwischen beiden Verhandlungsseiten ist. Wir haben darum gebeten, dass uns die Gegenseite im nächsten Verhandlungstermin eine konkrete und detaillierte Vorstellung ihrerseits darlegen soll, um überhaupt erst einmal beide Ansichten auf dem Tisch zu haben“, heißt es von Gewerkschaftsseite, die von einem guten Gesprächsauftakt „in freundlicher und wertschätzender Atmosphäre“spricht.
Aus Sicht der Stiftung Liebenau Ein ersten Kennenlernen der Kommissionsmitglieder und die Abstimmung über den Verhandlungsprozess habe samt der Darstellung der Interessen beider Seiten die Agenda der ersten Sitzung ausgemacht, teilt die Stiftung Liebenau mit. Um als Ziel zu umreißen: „Die Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite versprechen sich von den weiteren Verhandlungen ein passgenaues, für alle Beteiligten faires und zukunftsfähiges Tarifwerk, das gute Arbeitsbedingungen und zukunftssichere Arbeitsplätze ermöglicht sowie innovative Perspektiven bietet.“
Bei den Verhandlungen sollten die Eigenanteile der Bewohner der Häuser der Pflege im Blick behalten und darauf geachtet werden, dass die Einrichtungen am Markt wettbewerbsfähig bleiben. Denn: „Nur so können Menschen im Alter auch künftig wohnortnahe, auf ihre persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Pflegeleistungen erhalten. Auf dem Weg zu solchen Bedingungen setzen die Verantwortlichen der Liebenau Leben im Alter auf eine möglichst partnerschaftliche Verhandlungsarbeit“, heißt es. Aus Arbeitgebersicht ist es eine komplexe Aufgabe, gute Tarifbedingungen für die Liebenau Leben im Alter zu erarbeiten. Sie verlange beidseits hohes Engagement und große Bereitschaft zur Verständigung.
Zudem skizziert die Stiftung im Pressebericht die Vorgeschichte: Seit Dezember 2018 sei über die Vergütungsregelungen für die Mitarbeiter der Liebenau Leben im Alter diskutiert worden – ausgehend von der Frage, ob für die Tochtergesellschaft der Stiftung ein Tarifvertrag geschlossen wird oder ob Regelungen innerhalb des Dritten Weges (als das besondere arbeitsrechtliche Regelungssystem der Kirche) möglich seien. Aus Sicht des Vorstands der Stiftung wäre dieser Weg möglich gewesen. „Mit den Partnern des Dritten Weges konnte jedoch kein Einvernehmen erzielt werden. Daher wurden nun die Tarifgespräche mit Verdi aufgenommen.“
Als stehen für 2020 im Raum: 23. Januar, 18. Februar und 24. März.