Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Brandstiftung vom Goetheplatz: Anklage erhoben
Im Wald bei Oberteuringen festgenommener Mann muss sich vor dem Landgericht verantworten
RAVENSBURG - Die Staatsanwaltschaft Ravensburg hat Anklage gegen den Brandstifter vom Goetheplatz erhoben. Die Ermittlungsbehörde wirft ihm schwere Brandstiftung und eine Vielzahl an Diebstählen vor, wie Sprecher KarlJosef Diehl auf Anfrage mitteilte. In der ersten Jahreshälfte soll es zum Gerichtsprozess gegen den Mann kommen, der gut drei Monate nach dem Feuer auf dem Ravensburger Hochhaus in einem Wald bei Oberteuringen (Bodenseekreis) festgenommen wurde. Zum Zusammenhang zwischen Brandlegung und weiteren Taten haben die Ermittler schon eine These.
Im Mai 2019 ließen zwei ähnlich gelagerte Brandstiftungen die Ermittler zunächst rätseln. Auf dem Dach des Hochhauses am Goetheplatz in Ravensburg wurde in der Nacht zum 12. Mai eine Mobilfunkanlage angezündet und schwer beschädigt. Wochenlang hatten Mobilfunkanbieter Probleme, die Anlage so wiederherzustellen, dass ihre Kunden in Ravensburg wieder mobil erreichbar waren. Ein zweites Feuer an einem Mobilfunkmasten wurde am 18. Mai in Oberteuringen bemerkt: Auf dem Betriebsgelände des Bauhofes der Gemeinde wurden mehrere Schaltkästen sowie der Kabelschacht einer Mobilfunkanlage angezündet.
An den Tatorten wurden laut Staatsanwaltschaft DNA-Spuren gefunden, die dem polizeibekannten 49-Jährigen zugeordnet werden konnten. Er wurde fortan mit europäischem Haftbefehl gesucht und schließlich am 26. August im Wald bei Oberteuringen gefunden. Dort hauste er in einem Zelt.
Wie die Ermittler herausfanden, ist der Mann mutmaßlich auch noch für eine Vielzahl an Einbrüchen von Mai bis zu seiner Festnahme verantwortlich. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er 20 Mal in Wohnungen oder Häuser eingebrochen ist oder es zumindest versucht hat. Bei den Diebstählen, die überwiegend im Bodenseekreis im Raum Friedrichshafen und Oberteuringen begangen wurden, hat der mutmaßliche Täter laut Staatsanwaltschaft diverse Wertgegenstände, Schmuck und Bargeld im Wert von rund 88 000 Euro erbeutet. Der Schaden ist laut Diehl weit höher: Bei den Brandstiftungen liegt er insgesamt bei rund 250 000 Euro, bei den Diebstählen bei rund 16 000 Euro.
Zum Motiv hat die Staatsanwaltschaft bereits eine These (die „Schwäbische Zeitung“berichtete), die Sprecher Diehl nun noch genauer ausführte. Die Mobilfunkanlage auf dem Goetheplatz-Hochhaus habe der Angeklagte als Ablenkungsmanöver gelegt, damit Einsatzkräfte gebunden sind, so die Schlussfolgerung der Ermittler. Der mutmaßliche Täter habe sich dadurch versprochen, dass sein wenige Stunden danach verübter Einbruchsdiebstahl in ein Geschäftsgebäude in der Ravensburger Innenstadt erleichtert wird. Er soll dort in einen Geschäftsraum eingebrochen haben, den Kassenbestand in Höhe von 370 Euro geklaut und versucht haben, die Mauer zu dem angrenzenden Juweliergeschäft aufzustemmen. Das sei ihm aber nicht gelungen.
„Bislang hat der Angeschuldigte nur pauschal eingeräumt, zahlreiche
Einbruchsdiebstähle und auch Wohnungseinbruchsdiebstähle begangen zu haben“, so Diehl. Angaben zu konkreten Einzeltaten habe er bislang nicht gemacht. Deshalb müssten ihm die vorgeworfenen Taten durch die Ergebnisse kriminaltechnischer Untersuchungen – wie DNA-Spuren, Schuhspuren, aufgefundenes Diebesgut, Verbindungsdatenauswertung – nachgewiesen werden. Es bestehe auch der Verdacht, dass weitere Diebstähle im Bodenseekreis auf das Konto des 49-Jährigen gehen. Doch nur wenn genügend Spuren vorhanden waren, die auf den Mann hindeuten, konnten die Taten auch in die Anklage aufgenommen werden.
Die beiden Brandstiftungen bestreite er. Laut Staatsanwaltschaft wurden aber an beiden Tatorten DNA-Spuren von ihm entdeckt.
Der Mann ist offenbar schon einschlägig vorbestraft: Er sitzt derzeit nicht mehr in Untersuchungshaft, sondern verbüßt seit Anfang September eine Restfreiheitsstrafe aus einer früheren Verurteilung des Amtsgerichts Tuttlingen wegen Diebstahls. Die Staatsanwaltschaft hat zur Überprüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten im Tatzeitraum ein forensisch-psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Ein Ergebnis liegt bislang noch nicht vor.