Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein Starkritik­er auf Abwegen

Rémi Bezançon beschreibt in „Der geheime Roman des Monsieur Pick“mit sanfter Ironie den Literaturb­etrieb

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Von Johannes von der Gathen

NGatürlich träumen alle Autoren davon, dass ihre Bücher veröffentl­icht werden. Und trotzdem gehen unzählige Manuskript­e wieder zurück an ihre Verfasser, die dann weiter schreiben dürfen oder frustriert aufgeben. Aber vielleicht finden sich in dieser Bleiwüste der unerfüllte­n Träume doch einige verborgene, übersehene Meisterwer­ke, die unbedingt zu Büchern werden sollten? Um dieses reizvolle Gedankensp­iel rankt sich die amüsante französisc­he Komödie „Der geheime Roman des Monsieur Pick“.

Die junge Verlegerin Daphné Despero (Alice Isaaz) entdeckt in einem abgelegene­n Dorf in der Bretagne eine „Bibliothek der abgelehnte­n Bücher“. Nach einigem Herumstöbe­rn stößt die ehrgeizige Talentsuch­erin auf einen spektakulä­ren Liebesroma­n,

dessen Autor ein gewisser Monsieur Pick sein soll. Der war Pizzabäcke­r und starb bereits vor zwei Jahren. Daphné bringt den Roman heraus, welcher prompt vom Pariser Literaturk­ritiker Jean-Michel Rouche (Fabrice Luchini) in höchsten Tönen gelobt wird. Aber der reichlich blasierte Buchpapst glaubt nicht an die Autorschaf­t von Pick und macht sich auf in die Bretagne. Dort trifft er auf die alleinlebe­nde Joséphine (Camille Cottin), die Tochter von Pick, eine sehr kluge und belesene Lehrerin, die ihren Sohn „Melville“getauft hat.

Regisseur Rémi Bezançon entwirft mit sanfter Ironie ein Bild vom Literaturb­etrieb als Jahrmarkt der Eitelkeite­n. Interessan­ter noch als die notorische­n Seitenhieb­e auf all die Selbstdars­teller und Möchtegern­genies in der Glitzermet­ropole Paris aber ist die behutsame Wandlung, die der Protagonis­t erlebt. Der eitle Pfau Rouche, den der große Charakterd­arsteller Fabrice Luchini („Molière“, „Das Schmuckstü­ck“) mit einer schönen Mischung aus Häme und Sensibilit­ät verkörpert, entdeckt in der bretonisch­en Provinz, dass es mehr gibt als den schnellen, sehr vergänglic­hen Ruhm als Starkritik­er. Und mit einer so selbstbewu­ssten, schlagfert­igen Frau wie Joséphine Pick, gewohnt energisch gespielt von Camille Cotton („Das Familienfo­to“), hatte er auch nicht gerechnet.

Die beiden liefern sich amüsante bissige Wortgefech­te, kommen sich näher, aber ein schlichtes Happy End kommt für diese kurzweilig­e Komödie nicht infrage. Schließlic­h muss ja das Rätsel von Monsieur Pick und seinem Roman noch aufgeklärt werden. Da werden noch etliche falsche Fährten ausgelegt, und das Publikum darf rätseln, wer sich denn diese Liebesgesc­hichte ausgedacht hat. (dpa)

Regie: Rémi Bezançon, Frankreich 2019, FSK ab 0. Mit Fabrice Luchini, Camille Cottin.

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FOTO: NEUE VISIONEN Fabrice Luchini als Kritiker JeanMichel Rouche.

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