Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Islanders schaffen den Coup
26,5 Sekunden vor Ende glückt Norris das Siegtor im Weihnachtsderby
Von Jürgen Schattmann
GLINDAU - Knapp 70 Kilometer liegen zwischen dem schönen Allgäustädtchen Memmingen und Lindau, das man ja gerne als Florenz des Bodensees bezeichnet. Wenn man Gas gibt und/oder Schweizer ist, kann man es in 30 Minuten von einem Ort zum anderen schaffen. Man kann also getrost von einem Derby sprechen, wenn die Puckjäger beider Städte aufeinandertreffen – selbst wenn das wahre Derby für die Memminger natürlich das gegen Ravensburg wäre. Aber auch zum Oberliganachbarn reisten gestern immerhin 300 Memminger Fans, erstmals in diesem Jahrzehnt fand in der Lindauer Eissportarena wieder ein Weihnachtsspiel statt: Der Tabellenachte Islanders traf auf den Spitzenreiter Indians, und 1171 Zuschauer wurden Zeuge eines 2:1 (0:0, 1:1, 1:0)-Siegs der Gastgeber.
„Sind eine Heimmacht geworden“Der Traum des Lindauer Vorsitzenden Bernd Wucher, die Halleerstmals seit zwei Jahren – damals schlug Lindau die Indians im Bayernligameisterschaftsfinale – wieder mit 1250 Zahlenden ausverkauft zu füllen, ging allerdings nicht ganz in Erfüllung. „Es wird nicht so einfach sein, die Lindauer an Weihnachten vom Sofa zu bewegen“, hatte er zuvor gesagt. Nun aber war er ganz zufrieden: „Dass nicht ganz voll ist, liegt sicher auch an der schlechten Parkplatzsituation.“Und: Die Stimmung war gut am Bodensee. Der DJ legte „Die Fischerin vom Bodensee“auf und „Johnny B. Good“, am Eingang funkelte ein Weihnachtsbaum, und Glühwein für die Eishockeyseele gab es auch. Dass sie bei eisigen Temperaturen ihren eigenen Atem sehen konnten, vergaßen die Fans also schnell. Wucher war vor Spielbeginn durchaus selbstbewusst: „Wir sind eine Heimmacht geworden. Uns muss man zu Hause erst einmal besiegen.“Für die Memminger galt das allerdings auch – sie waren im Dezember
ja noch ungeschlagen.
Tatsächlich entwickelte sich wie im letzten Duell im November beim 6:7 n.V. ein Derby auf Augenhöhe, in dem Lindau im ersten Drittel optisch überlegen war und die besseren Chancen hatte, etwa durch Schüsse von Dominik Ochmann, Jan Hammerbauer und Simon Klingler. Die größte Gelegenheit – als Memmingens Nikolaus Meier ab der 10. Minute in der Strafbox saß - ließen die Islanders ebenso verstreichen. Keine Schande allerdings: Memmingen ist in der Disziplin Penaltykilling mit 90 Prozent absolut bestes OberligaTeam. Immerhin: Auch Lindau gelang es, Strafminuten für Marvin Wucher schadlos zu überstehen.
Drittel zwei war härter, wilder, flotter – und Lindau ging in Überzahl in Front. Dominik Ochmann passte zu Andreas Farny, dessen Schuss Torhüter Marc Henne nach vorne abprallen ließ. Florian Lüsch staubte ab (32:30). Memmingen antwortete mit Aggressivität, schnürte die Islanders zwei Minuten lang in der eigenen Hälfte ein und schaffte so auch im Gewühl vor dem Tor den verdienten Ausgleich. Patrik Beck, der beim 0:1 auf der Strafbank gesessen hatte, stocherte den Puck ins Netz (38:58).
Lindau aber kämpfte um seine Chance, überstand im dritten Drittel erneut eine Strafe – Memmingens Topscorer Brad Snetsinger vergab eine Riesenchance –, und verpasste kurz danach selbst das 2:1: Jan Hammberbauer traf den Pfosten. Am Ende machte Memmingen Riesendruck, aber Lindau glückte der Coup: Mit letzter Kraft fuhren die Islanders einen Konter, 26,5 Sekunden vor Schluss traf Brent Norris tatsächlich zum Sieg – von Hennes Schoner prallte der Puck an den Schlittschuh eines Memmingers und von dort ins Netz. Für Lindau war Donnerstag doppelt Weihnachten.