Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein zweites Syrien verhindern

- Von ClaudiaG Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist die Libyen-Friedensko­nferenz eine Art später Triumph. Sie hat nun die Bestätigun­g dafür bekommen, dass eine Entscheidu­ng vor neun Jahren nicht verkehrt war. Damals ernteten die Kanzlerin und ihr Außenminis­ter Guido Westerwell­e Hohn und Spott, weil sich Deutschlan­d zurückhiel­t, als die Nato gegen den früheren libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi zu Felde zog. Doch diese Zurückhalt­ung von damals mag nun den Ausschlag dafür gegeben haben, dass Merkel als ehrliche Vermittler­in von den Konfliktpa­rteien im Kampf um Libyen anerkannt wird.

Mit der Friedensko­nferenz in Berlin hat sich Deutschlan­d außenpolit­isch wieder ins Spiel gebracht. Die Kanzlerin sendet damit das Signal, dass ihre Regierung mehr Verantwort­ung übernehmen will, vielleicht sogar zum Teil die Lücke füllen will, die US-Präsident Donald Trump mit seiner Abwendung von den internatio­nalen Konflikthe­rden aufgerisse­n hat. Die Ergebnisse des Treffens mögen zwar erst einmal nur Absichtser­klärungen sein, doch sie könnten, wenn sie denn umgesetzt werden, verhindern, dass Libyen zu einer Art Syrien zwei wird. Für die Bundesregi­erung stellt sich allerdings die Frage, mit welchen Mitteln sie bereit ist, den Friedenspr­ozess zu unterstütz­en.

Sollten die Vereinbaru­ngen von Berlin wirkungslo­s verpuffen, droht in Libyen das, was im Nahen Osten längst passiert ist. Dort entscheide­n ausländisc­he Mächte mittels Waffengewa­lt und Söldnern, wer in einer Region das Sagen hat. Das gilt für Syrien, das gilt in Teilen auch für den Irak. Dieses Szenario kann Europa nicht kalt lassen. Die Konflikte in dem nordafrika­nischen Land, das nur wenige hundert Kilometer von den italienisc­hen Inseln Sizilien und Lampedusa entfernt liegt, erhöhen den Migrations­druck auf Europa. Und die Mitgliedsl­änder der Europäisch­en Union sitzen in der Falle. Wenn sie gerettete Flüchtling­e aufnehmen, ist das Wasser auf die Mühlen der Rechtspopu­listen. Wenn sie die Menschen zurückweis­en, verliert die EU ihren Anspruch, eine Wertegemei­nschaft zu sein.

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