Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Alles im grünen Bereich
Ein zeitloses Märchen beginnt so: Es war einmal ein Landwirt … Exakt derselbe hat uns kürzlich gefragt, ob wir wüssten, warum die Bauern ihren Kindern die Schuhe gern zwei Nummern zu klein kaufen. Nein, das sei uns neu, haben wir wahrheitsgemäß geantwortet. Damit die Kleinen frühzeitig das Jammern lernen, lautete sinngemäß die Antwort. Das Märchen geht dann so weiter: Wenn die Nachwuchslandwirte größer geworden sind, stellen sie an ihren Äckern grüne Kreuze auf, fahren mit ihren überwiegend grünen Traktoren im Protestkonvoi
zur Grünen Woche nach Berlin, und die Härtestgesottenen unter ihnen wählen Grüne, obwohl die Grünen mehrheitlich mit den grünen Kreuzen über Kreuz liegen. In gewisser Weise ist also alles im grünen Bereich.
Allerdings sind die jammernden deutschen Landwirte in allerbester Gesellschaft. Es jammern traditionell die Lehrerinnen und auch die Lehrer, es jammern die Glatzköpfigen, die Autofahrer, es jammern die Radfahrer und selbstverständlich die Journalisten, ganz zu schweigen von den Rentnern, den Auszubildenden, den Politikern, den aktiven und ausrangierten Anwälten, es jammern die Wirte und sowieso alle Beamten (m/w/d) und mit einer gewissen Berechtigung auch die Käfighaltungshennen.
Wer sich nun dafür interessiert, welche der vielen Jammereien eher berechtigt und welche eher übertrieben ist, der tut sich schwer. Momentan neigen wir zu der These, dass unsere Bauern mehr Grund zum Klagen haben als etwa Anwälte. Ausrangierte Journalisten und Käfighennen sind aber auch ganz arme Schweine.